Jobmacher Energiebranche: Gute Aussichten für Ingenieure, Natur- und Wirtschaftswissenschaftler sowie für Juristen

Tobias Rudolph sitzt auf gepackten Koffern: In wenigen Tagen geht sein Flug nach Katar. Vor der Küste der Halbinsel im Persischen Golf wird der 34 Jahre alte Geologe in den kommenden vier Monaten für Shell nach Erdgas bohren. Für den deutschen Geowissenschaftler eine aufregende Premiere: Seit 2006 arbeitet er bei Shell in der zentralen Forschungsabteilung in Den Haag und hilft dem Mineralölkonzern bei der Suche nach Gas- und Ölvorkommen. "Ich habe schon öfter Bohrstätten besucht, um zu messen und Proben zu nehmen. Jetzt werde ich zum ersten Mal auf einer Bohrinsel leben und das Anzapfen einer neuen Quelle live begleiten." Beim Offshore-Überlebenstraining im Rotterdamer Hafen hat er vorher noch geübt, wie man auf See Feuer, Sturm oder eine Hubschrauber-Notlandung überlebt.

Shell sucht Betriebswirte, Chemiker, Maschinenbauer, Verfahrenstechniker

Für Ingenieure und Naturwissenschaftler wie Rudolph, aber auch für Wirtschaftswissenschaftler und Juristen bietet die Energiebranche beste Aussichten. Shell etwa will 2011 in Deutschland 25 Hochschulabsolventen einstellen. Für die Deutschlandzentrale in Hamburg werden Betriebswirte gesucht. Maschinenbauer, Chemiker, Chemie-Ingenieure und Verfahrenstechniker benötigt der Öl-Konzern in der Rheinland-Raffinerie bei Köln oder im Hamburger Forschungslabor. Dort tüfteln 250 Wissenschaftler an ungelösten Energiefragen - an alternativen Kraftstoffen oder neuer Fördertechnik.

Auch die großen Strom- und Gasversorger suchen Fachkräfte: RWE will 2011 für das Kerngeschäft 150 Akademiker einstellen, darunter 50 Trainees. Chancen auf eine internationale Karriere bietet Mineralöltochter RWE Dea mit 1300 Mitarbeitern weltweit. Aus Deutschland sind derzeit über 70 Mitarbeiter nach Nordafrika, Norwegen, Großbritannien und Osteuropa entsandt. Eon meldet 600 offene Positionen konzernweit, davon 340 in Deutschland. Interessante Aufgaben warten auf Anlagen- und Maschinenbauer, Energietechniker und Elektroingenieure nicht nur im konventionellen Kraftwerksbau, auch bei den erneuerbaren Energien. Laut Bundesumweltministerium hat sich die Zahl der Beschäftigten seit 2004 auf über 340 000 mehr als verdoppelt. Bis 2030 soll der Anteil am deutschen Energieverbrauch auf 30 Prozent steigen. Parallel dazu dürfte die Zahl der Arbeitsplätze sogar auf über eine halbe Million klettern.

Die Windenergie zählt zu den Hoffnungsträgern der Bundesregierung. Das aktuelle Energiekonzept sieht erleichterte Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen und Milliarden-Kredite für den Bau von Offshore-Windparks vor. Bis 2020 sollen bis zu 2000 Windräder mit einer Gesamtleistung von 10 000 Megawatt in den deutschen Meeresboden gerammt werden. Hersteller von Windenergieanlagen wie Vestas, Nordex, Enercon, GE Wind oder RE Power, aber auch die großen Energieversorger wie Eon und die RWE-Tochter RWE Innogy suchen für das grüne Geschäft berufserfahrene Entwickler, Produktionsleiter und Projektmanager: "Wir haben im letzten Jahr 70 neue Mitarbeiter für dieses Geschäftsfeld neu eingestellt. Im Bereich Windenergie arbeiten jetzt für uns in Deutschland rund 850 Leute", sagt Carsten Schott, Personaldirektor für den Bereich Erneuerbare Energien bei GE in Europa.

Auch Quereinsteiger ohne Ingenieurstudium haben hier gute Chancen, wenn sie bereits Projekte im Großanlagenbau gemanagt haben oder das Offshore-Geschäft aus der Öl- und Gas-Förderung kennen. Technisches Verständnis ist im Projektmanagement nämlich allenfalls die halbe Miete.

Von der Vertragsunterschrift bis zur Endabnahme der Anlage ist der Projektmanager für den reibungslosen Ablauf verantwortlich. Um mit Kunden, Behörden, Zulieferern, Transport- und Baugesellschaften zu verhandeln, muss er sich schnell in unterschiedlichste technische, juristische und kaufmännische Sachverhalte einarbeiten können.

Der Energiehunger aufstrebender Länder lässt die Atombranche wachsen

Der Welt ergiebige Energiequellen zu erschließen, bleibt eine gewaltige Herausforderung. Nicht zuletzt der immense Energiehunger aufstrebender Industrienationen in Fernost lässt trotz ungelöster Endlagerfrage und der aktuellen Kritik nach der Katastrophe in Japan die Atombranche weiter wachsen. Allein in China sind derzeit 26 Kraftwerke in Bau und weitere in Planung. Das beschert internationalen Anlagenbauern wie Siemens oder Areva kräftiges Wachstum. In Deutschland plant Areva bis Jahresende 400 Neueinstellungen.

90 Prozent der Offerten richten sich an Ingenieure und Naturwissenschaftler, für Absolventen gibt es etwa 80 Stellen. Atom-affinen Techniknachwuchs bildet der Konzern auch zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie KIT an der Areva Nuclear Professional School aus.