Die Leserfrage: Meine Firma (40 Mitarbeiter) hat offensichtlich seit mehreren Monaten Zahlungsschwierigkeiten, sowohl was Fremdleistungen angeht, als auch was die Gehälter betrifft. Seit einem halben Jahr bekommen wir unser Geld oft mit Verzögerung. Zurzeit sind wir etwa einen Monat im Rückstand. Was können wir tun? Zum Anwalt gehen und mahnen, die Arbeit einstellen?

Das sagt Rechtsanwältin Silke Grage: Sie und Ihre Kollegen sollten zunächst entweder selbst oder durch einen Anwalt Ihren Arbeitgeber unter Fristsetzung schriftlich auffordern, das ausstehende Gehalt zu zahlen. Weiter sollte in diesem Schreiben darauf hingewiesen werden, dass Sie sich bei Nichteinhaltung der Frist vorbehalten, Ihre Arbeit einzustellen. Ihnen steht insoweit ein sogenanntes Zurückbehaltungsrecht an Ihrer Arbeitsleistung zu - es sei denn, der Lohnrückstand ist verhältnismäßig gering, es ist nur eine kurzfristige Verzögerung bei der Lohnzahlung eingetreten, dem Arbeitgeber würde ein unverhältnismäßiger Schaden entstehen oder der Lohnanspruch ist auf andere Weise gesichert.

Das Arbeitsgericht Hannover (Urteil vom 11.12.1996, 9 Ca 138/96) hat einen Lohnrückstand von 1,5 Monatsverdiensten und das Landesarbeitsgericht Thüringen (Urteil vom 28.1.1999, 5 Sa 895/97) einen Lohnrückstand von 60 Prozent eines Monatsverdienstes als erheblich angesehen. Nach dieser Rechtsprechung dürften Sie wohl auch Ihre Arbeit einstellen.

Ihr Arbeitgeber müsste zurzeit bei verspäteten Lohnzahlungen Verzugszinsen von 5,12 Prozent zahlen. Sollte Ihr Arbeitgeber wegen der Zahlungsschwierigkeiten Insolvenz anmelden müssen und Ihr Gehalt noch nicht gezahlt worden sein, hätten Sie Anspruch auf Insolvenzgeld für die letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis.

Unsere Autorin Silke Grage ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in Hamburg. Im Internet: www.ra-grage.de