... ein Sielbauer? Er verlegt Wasser- und Abwasserrohre, untersucht und saniert alte Kanäle

"Wir wühlen sprichwörtlich im Dreck", beschreibt Thomas Wall seinen Beruf lachend. Der 49-Jährige ist seit mehr als 30 Jahren Sielbauer und hat schon viele Hundert Stunden in der dunklen und übel riechenden Kanalisation unterhalb von Hamburg verbracht. Trotzdem sagt er: "Die abwechslungsreiche Arbeit macht den Beruf zu einem echten Traumjob."

Angefangen hat Thomas Wall bei einem kleinen Hamburger Unternehmen, bei dem er zunächst ganz klassisch das Verlegen neuer Leitungen für den Transport von Wasser und Abwasser erlernte. "Schächte ausheben und dann die Rohre unter der Erde verlegen ist die Haupttätigkeit eines Kanalbauers", erklärt er.

Eine häufig unterschätzte Aufgabe, denn während noch vor 200 Jahren die Menschen ihr Abwasser aus dem Fenster kippten, sorgen Sielbauer heute dafür, dass es einfach im Abfluss des eigenen Waschbeckens "verschwindet". Dafür bauen sie Abwasserleitungen, die vom hauseigenen Wasseranschluss über ein weitverzweigtes Leitungslabyrinth bis hin zu riesigen Becken reichen, in denen das Wasser für die Aufbereitung gesammelt wird. 11 000 Kilometer umfasst dieses Netz, das unter Hamburg verläuft und aus Rohren, Kanälen und Schächten besteht. Und es wird dank der Kanalbauer täglich größer.

Ob sich jemand Siel- oder Kanalbauer nennt, das spiele für die Tätigkeit keine Rolle, weiß Joachim von Jutrczenki, Geschäftsführer der Landesfachgruppe Norddeutscher Baugewerbeverband: "In Hamburg heißt der Beruf Sielbauer, überall sonst Kanalbauer, das stammt noch von dem norddeutschen Begriff der Abwassersiele."

Die dreijährige Ausbildung, für die Schulabgänger mindestens einen Hauptschulabschluss mitbringen müssen, gliedert sich in zwei Abschnitte: In den ersten beiden Jahren erlernen die Azubis den Beruf des Tiefbaufacharbeiters. Dabei lernen sie, Gräben auszuheben und Rohre zu verlegen. Kanalbauer dürfen sie sich aber erst nach einem weiteren Spezialisierungsjahr nennen. Außer dem Neubau von Leitungen gibt es noch ein weiteres Tätigkeitsfeld für die Sielbauer, das Thomas Wall und seine Kollegen von "Hamburg Wasser" täglich vor neue Herausforderungen stellt. "Die Kanalisation in Hamburg ist über 150 Jahre alt", erzählt der Kanalbauer. "Unsere aufwendigste Aufgabe ist daher gar nicht, neue Rohre zu bauen, sondern die bestehenden instand zu halten und zu sanieren." Regelmäßig läuft Wall mit seinen Kollegen deshalb die Schächte unterhalb der Hansestadt ab, um Rohrleitungen mit Spezialgeräten zu reinigen und die Kanalisation genauestens auf Schäden zu untersuchen.

"Dort, wo die Gasbildung zu stark ist, setzen wir spezielle Kameras ein, die die Schächte abfahren und sie ohne menschliche Hilfe auf Schäden untersuchen", sagt er. Die Rohre müssten absolut dicht sein, damit kein Abwasser herauslaufen und das Grundwasser verunreinigen kann. "Das ist wichtig für die Gesundheit der Hamburger, aber auch für den Umweltschutz", sagt Wall.

Die Dunkelheit und der beißende Geruch stören den Sielbauer nach über drei Jahrzehnten nicht mehr, er nimmt beides mit Humor. Als Ausbilder gewöhnt er seine Azubis immer erst in den flachen "Gewässern" mit maximal einem Meter an die besonderen Arbeitsbedingungen. Später erst stünde auch ihnen das Wasser bis zum Hals, erzählt er lachend. "Aber dafür gibt es ja schließlich Neoprenanzüge."