Für das Theater und die Literatur hat sich Antje Kreusch schon immer begeistert. Nachdem ihre beiden Töchter "aus dem Gröbsten heraus" waren, suchte sie nach einer neuen Herausforderung im Theaterbereich - und fand sie: als Souffleuse am Thalia-Theater.

Seit nunmehr 19 Jahren ist sie an dem renommierten Theater im Einsatz. Bei Aufführungen und Proben hilft sie den Künstlern auf der Bühne weiter, wenn sie Texthänger haben. Dafür muss die Souffleuse den Text Wort für Wort im Manuskript mitlesen und bei Aufführungen vor Publikum möglichst leise Hinweise geben, sodass kein Zuschauer davon etwas mitbekommt. "Oft reichen allerdings schon ein intensiver Blickkontakt oder das Zuflüstern eines Stichwortes", verrät Antje Kreusch. "Etwa bei der Hälfte aller Vorstellungen kommen die Kollegen ganz ohne meine Hilfe aus."

Bei den Vorführungen im Theater geht sie ihrer Tätigkeit nicht, wie vielfach angenommen, in dem kleinen Souffleurkasten vor der Bühne nach. Vielmehr sitzt die Stichwortgeberin meistens an einem kleinen Pult mit Leselampe direkt auf der Bühne hinter einem Vorhang - und somit nahe dran am Geschehen. Teilweise nimmt sie aber auch einen Platz ganz vorn im Publikum ein, zum Beispiel, wenn die Darsteller vor dem Vorhang agieren.

Die Theaterproben finden zumeist in der Thalia-Dependance in der Gaußstraße in Altona statt. Die Souffleuse ist auch dort immer dabei. Denn gerade am Anfang der Proben für neue Stücke sitzt der Text in der Regel noch nicht sonderlich gut. Zudem gibt es ständig Textänderungen, die im Manuskript festgehalten werden müssen.

Im Gegensatz zu den Aufführungen muss Antje Kreusch bei den Proben fehlende Textstellen laut und klar ergänzen, damit die Darsteller wieder in ihre Rolle zurückfinden. Insgesamt sieben Stücke betreut die Souffleuse zurzeit. Die meisten davon kennt sie in großen Teilen auswendig. Pro Monat stehen für Kreusch etwa elf Vorstellungen an. Wenn Aufführungen in fremden Theatern auf dem Plan stehen, ist sie ebenfalls mit von der Partie. So ist sie beispielsweise gerade von einem Gastspiel des Thalia-Ensembles in Fürstenfeldbruck zurückgekehrt.

Lebenserfahrung, Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis müsse man in ihrem Job haben, meint die erfahrene Souffleuse: Denn manchmal könne man als Prellbock zwischen die Fronten geraten. Absolut notwendig sei außerdem eine ausgeprägte Konzentrationsfähigkeit: "Hänger, die übrigens immer dann passieren, wenn man sie am wenigsten erwartet, lassen sich nämlich im Nachhinein nicht mehr ausbügeln. Deshalb muss ich vorbeugen, um Pannen zu verhindern."

Antje Kreusch versteht sich ein bisschen als menschliches Navigationsgerät, das im Hintergrund arbeitet, aber ohne das keine Produktion gelänge. Ihre Leidenschaft für das Theater hat sie an ihre Töchter weitergegeben. Die eine ist Diplom-Schauspielerin am Schauspielhaus Zürich und die andere Opern- und Theater-Regisseurin.

Souffleure arbeiten vor allem an Theater- und Opernhäusern, vereinzelt auch bei Musical- oder Konzertveranstaltern. "Der Beruf wird überwiegend von Frauen beziehungsweise von ehemaligen Schauspielerinnen ausgeübt", sagt Rüdiger List, Vermittler bei der ZAV-Künstlervermittlung in Hamburg. Da kein Ausbildungsweg für den Beruf existiert, gibt es viele Quereinsteiger.