Die Gesundheitsbranche bietet viele Möglichkeiten. Trotzdem fehlt es an Nachwuchs

"Ich habe einen abwechslungsreichen Beruf. Menschen aus aller Herren Länder kommen zu uns", sagt René Fahrenheim. Der 28-Jährige arbeitet als pharmazeutisch-technischer Assistent (PTA) in der DocMorris-Apotheke auf dem Gelände des UKE in Eppendorf. Sie ist Anlaufstelle für die Patienten der Krankenhausambulanzen, der Martiniklinik sowie für die Angestellten und Besucher des gesamten Krankenhausareals. Das Team besteht aus sechs Apothekern und sieben PTA.

Fahrenheim braucht außer Fachwissen vor allem Englischkenntnisse und immer ein offenes Ohr für die Kunden. Er ist als Mann eine Ausnahmeerscheinung, denn der PTA-Job ist ein klassischer Frauenberuf. "Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass man gut Teilzeit arbeiten kann", vermutet Fahrenheim.

Der junge Mann mag seinen Job, weil dieser anspruchsvoll ist. "Zwischen Laborarbeiten, Recherchen über neue Arzneimittel und Kundengesprächen wird es nie langweilig." Fahrenheim bereitet Rezepturen vor, kontrolliert Medikamentenbestellungen, berät und verkauft. Außerdem schätzt er die Weiterbildungsmöglichkeiten, die es in diesem Berufszweig gibt.

PTA können auch in der pharmazeutischen Industrie, in Krankenhäusern, Behörden und Verbänden arbeiten. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zählt bundesweit rund 53 000 PTA sowie 48 000 Apotheker und etwa 35 000 pharmazeutisch-kaufmännische Assistenten.

Die Jobaussichten in diesem Wirtschaftsbereich sind glänzend. Die Marktbeobachter von Deutsche Bank Research prophezeien für die kommenden Jahre einen Anstieg der Personalzahlen. Der demografische Wandel, der medizinisch-technische Fortschritt und das zunehmende Gesundheitsbewusstsein sorgen laut der Studie dafür, "dass die Gesundheitsbranche deutlich stärker expandiert als das Bruttoinlandsprodukt". Das gilt auch für Hamburg. Doch hier fehlen Fachkräfte. Das könnte, so das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut, das mögliche Wachstum der Branche hemmen.

Auch bundesweit wird gesucht: Bereits im Jahr 2020 werden zwischen Nordsee und Alpen fast 56 000 Ärzte sowie 140 000 Pflege- und andere nicht ärztliche Fachkräfte fehlen, haben die Marktforscher von PricewaterhouseCoopers (PwC) herausgefunden. Bis 2030 drohe die Personallücke sogar auf 950 000 Fachkräfte anzuwachsen.

Am größten ist das Personalproblem in der Pflegebranche. Das liegt an der ständig steigenden Zahl an Heimen. Allein in Hamburg müssen bis 2025 nach Berechnungen des Instituts für immobilienwirtschaftliche und urbane Beratung rund 5000 neue Pflegeheimplätze geschaffen werden. Dadurch können, so Thomas F. Roth, Vorstandsvorsitzender des Hamburger Sozialimmobilien-Unternehmens IMMAC, bis zu 4000 neue Arbeitsplätze entstehen, überwiegend in Vollzeitbeschäftigung, davon rund die Hälfte in der direkten Pflege. "Das ist eine riesige Chance für junge Leute", sagt Roth. "In kaum einer Branche kann man in den nächsten Jahren so schnell Karriere machen wie in der Gesundheitswirtschaft."

Auch Michaela Schlobohm hat ihren Job in der Hamburger Gesundheitsbranche gefunden: Die 35-Jährige ist Diabetesberaterin. Sie arbeitet sowohl für Krankenhäuser als auch für Schulen und Diabetespraxen. Die gelernte Kinderkrankenschwester beschäftigt sich seit elf Jahren mit Diabetes und absolvierte eine einjährige Fortbildung an einer Gesundheitsakademie. Für ihre Tätigkeit braucht sie nicht nur Fachwissen über die Stoffwechselkrankheit, sondern auch psychologisches Gespür. "Durch Diabetes sind Menschen gezwungen, ihre Lebensgewohnheiten zu ändern. Das fällt niemandem leicht. Meine Aufgabe ist es, sie in diesem Prozess zu unterstützen."

Der Beratungsbedarf steigt. Denn Diabetes ist eine Volkskrankheit, von der bereits acht Millionen Deutsche betroffen sind. Mit Spannung verfolgt deshalb Michaela Schlobohm medizinische Fortschritte in ihrem Bereich. Wie moderne Minipumpen, die mit einem Pflaster auf die Haut geklebt werden und Patienten rund um die Uhr mit Insulin versorgen. Das sei gerade für sportlich Aktive oder auch für Kleinkinder ein enormer Fortschritt, sagt Schlobohm. Weiterbildung sei deshalb das A und O in ihrem Beruf. "Immer wieder dazulernen zu müssen, das macht den Reiz meines Jobs aus."