Ein Appell von Torsten Schumacher

Hamburg. Die Managementtheorien und -praktiken der vergangenen Jahrzehnte haben enorme Fortschritte gebracht in Bezug auf Rationalisierung und Standardisierung von Arbeitsabläufen. Die vorherrschenden Paradigmen waren Effizienz, Menge, Exaktheit, Messbarkeit, Schnelligkeit und Gehorsam. Um ihnen gerecht zu werden, haben wir auf dem Gebiet der Mitarbeiterführung schablonenartige Standards entwickelt und über die Menschen in unseren Organisationen gestülpt. Wir haben uns hiervon weitere Rationalisierungszuwächse und Effizienzgewinne versprochen.

Diese mögen an manchen Stellen eingetreten sein. Aber wir haben einen hohen Preis dafür bezahlt. Einen sehr hohen. Denn die unzähligen Mess-, Anreiz-, Beurteilungs- und Entwicklungsinstrumente wirken normierend und erzeugen Anonymität. Diese Werkzeuge führen zu Gleichschaltung statt Vielfalt. Wir behandeln Hunde und Katzen auch nicht gleich, nur weil beides Tiere sind.

Sämtliche Instrumente verhindern genau das, was sie fördern wollen: individuelle Spitzenleistungen, das Besondere, Kreativität, Innovation. Standardinstrumente der Mitarbeiterführung zerstören das Wertvollste in unseren Unternehmen: die Individualität der Menschen.

In der Folge verflüchtigt sich der gemeinsame Geist in der Firma. Solche Organisationen sind Maschinerien zur leidenschaftslosen Erstellung mittelmäßiger Produkte und Dienstleistungen. Käfige zur Haltung von Lohnsklaven. Deshalb: Die herkömmliche Praxis der Mitarbeiterführung hat ausgedient.

An ihre Stelle gehört ein Ansatz praktischer Vernunft, den ich Individuelle Führung nenne. Er bringt den einzelnen Menschen wieder dorthin, wo er hingehört: ins Zentrum der Wahrnehmung und des Handelns der Führungskraft. Das ist anspruchsvoller als der anonyme Messwahn. Aber im Ergebnis werden wir etwas zurückgewinnen, was wir wahrscheinlich dringender denn je benötigen: individuelles Urteilsvermögen.

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