Stiftungen erwarten von ihren Stipendiaten nicht nur gute Noten - auch Engagement wird vorausgesetzt

Hamburg. Früher oder später erwischt es jeden: "Natürlich bin ich auch schon mal durch eine Prüfung gefallen", sagt Fiona Alings. In Lübeck studiert die 25-Jährige Molecular Life Science. Fiona Alings kann und will sich allerdings nicht allzu viele Patzer leisten: Die Lübeckerin finanziert ihr Studium mit einem Stipendium der Studienstiftung der Deutschen Wirtschaft. Am Ende des Semesters muss sie ihre Noten vorlegen und in einem schriftlichen Bericht erläutern, ob sie ihre selbst gesteckten Ziele erreicht hat.

Die Studienstiftung der Deutschen Wirtschaft SDW ist eines von zwölf Begabtenförderungswerken, die bundesweit rund 20 000 Studenten finanziell unterstützen. Zu wenige, findet die Bundesregierung: Durch das neue "Deutschland Stipendium" (Info unter www.bmbf.de/de/14295.php ) sollen deshalb ab Sommersemester 2011 bis zu 160 000 weitere Studenten in den Genuss eines Stipendiums kommen. Zwar gibt es bei dem neuen Programm nur maximal 300 Euro monatlich, doch die dürfen die Studenten zusätzlich zum BAföG einstreichen.

Das Geld aus der Stiftung fließt meist bis zum Ende der Regelstudienzeit

Bei den Begabtenförderungswerken erhalten die Stipendiaten derzeit bis zu 725 Euro monatlich. Wie beim BAföG entspricht die maximale Förderungsdauer der Regelstudienzeit bis zum Masterabschluss. Außerdem vergeben die Förderungswerke Promotionsstipendien. Die Doktoranden erhalten dann zwei Jahre monatlich bis zu 1050 Euro, eigenes Einkommen wird ihnen dabei allerdings angerechnet.

Finanziell ist ein Stipendium also auf jeden Fall eine durchaus attraktive Sache, denn im Gegensatz zum BAföG-Geld muss die Förderung nicht zurückgezahlt werden. Eigenes Einkommen und finanzielle Möglichkeiten der Eltern werden zwar berücksichtigt, doch sind die Anrechnungsgrenzen meist weniger streng. "In den ersten zwei Semestern habe ich nur sehr wenig BAföG erhalten, obwohl meine Mutter allein erziehend ist", sagt die Lübecker Studentin Fiona Alings. Jetzt kann sie von ihrem Stipendium ihren Lebensunterhalt bestreiten. Dafür wird Stipendiaten wie Alings allerdings auch so einiges abverlangt. Überdurchschnittliche Studienleistungen sind dabei nur die halbe Miete.

Darüber hinaus müssen sich Bewerber nachweislich gesellschaftlich engagieren. Dabei setzen die elf Begabtenförderungswerke unterschiedliche Schwerpunkte. Das katholische Cusanuswerk oder das Evangelische Studienwerk zum Beispiel bevorzugen aktive Christen, die sich in sozialen Einrichtungen betätigen. Bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung punkten vor allem Kandidaten, die aktiv in Hochschulgremien oder Verbänden für Demokratie mitarbeiten. Überparteilich und konfessionell unabhängig sind dagegen die SDW und die Studienstiftung des Deutschen Volkes. Stipendiaten dieser Stiftungen engagieren sich in ganz unterschiedlichen Bereichen. So arbeitet Fiona Alings als Rettungssanitäterin.

Im persönlichen Auswahlverfahren müssen Stipendienbewerber zudem eine gute Allgemeinbildung, soziale Kompetenz und Kommunikationstalent beweisen. Wer sich beispielsweise bei der SDW bewirbt, muss sich zunächst in einem Auswahlgespräch behaupten.

Im Auswahlgespräch müssen die Kandidaten ihre Kompetenz beweisen

"Wir diskutieren über aktuelle Themen. Dabei wollen wir sehen, ob jemand das politische Tagesgeschehen verfolgt und eigene Standpunkte begründen kann", erläutert Arnd Arnold. Der Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht lehrt an der Universität Kiel und ist SDW-Vertrauensdozent in Schleswig-Holstein. Wer ihn überzeugt, darf anschließend zum zentralen Assessment-Center nach Berlin fahren.

Wer schon konkrete berufliche Vorstellungen hat, kann sich auch gleich bei seinem späteren Wunscharbeitgeber um ein Stipendium bewerben. Immer mehr Unternehmen, darunter namhafte Konzerne wie Bayer, E.on, Henkel, ThyssenKrupp oder RWE, fördern besonders fleißige Studenten mit branchenrelevanter Fächerwahl, um sich früh die besten Nachwuchskräfte zu sichern. Auch wenn es keine Jobgarantie gibt, starten viele Stipendiaten ihre Karriere bei ihren Förderern - so wie auch Sebastian Bartz.

Im April dieses Jahres hat der 25-jährige Maschinenbau-Ingenieur bei E.on ein technisches Traineeprogramm begonnen. Zuvor hatte ihm der Energiekonzern zwei Jahre lang sein Studium an der Universität Hannover finanziert. 600 Euro monatlich gab es in dieser Zeit für Sebastian Bartz und darüber hinaus noch jede Menge wichtige Praxiseinblicke. Er ist überzeugt: "Es ist ein großer Vorteil, wenn man sich als Berufseinsteiger schon bestens im Unternehmen auskennt."