... ein Archivar? Thomas Brakmann muss alte Dokumente pflegen und digitalisieren

Hamburg. 1842: Hamburg brennt. Das alte Rathaus, in dem auch das Archiv der Stadt lagerte, wird in dem Versuch, das außer Kontrolle geratene Feuer zu stoppen, gesprengt. Zwar hatte Archivar Johann Martin Lappenberg noch Zeit, seine Schätze in Sicherheit zu bringen, er konzentrierte sich jedoch auf das verwalterische Schriftgut, um eine Fortführung der Amtsgeschäfte zu gewährleisten. Aber: Mittelalterliche Dokumente, wertvolle Urkunden und bibliophile Schätze wurden ein Raub der Flammen.

Heute lagern die ältesten Archivalien in der "Threse" (von dem lateinischen Wort "Thesaurus" für Schatz) im Hamburger Staatsarchiv in Wandsbek, das in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag feiert. Darunter ein Schutzbrief aus dem 30-jährigen Krieg oder die "Barbarossa-Urkunde", die Hamburg sein Hafenrecht zuspricht.

Insgesamt lagern auf fünf Stockwerken 9000 Urkunden, 150 000 Bücher und 3,5 Millionen Karten, Fotos und Stadtpläne, gepflegt und gehegt von 22 Archivaren. Jedes Jahr gehen dem Archiv weitere 35 Regalkilometer Schriftgut zu, doch nur etwa 800 Regalmeter werden nach der Sichtung von den Experten als archivwürdig eingestuft, der Rest wird vernichtet. Was übernommen wird, muss für das Archiv erschlossen werden. Dazu erhält jede Akte eine Signatur und Bestandsnummer. Mühsam gestaltet sich die Metallentfernung: Jede Heftklammer muss vor dem Scannen entfernt werden, anschließend wird das Archivgut auf digitale Datenträger übertragen. Doch auch deren Haltbarkeit ist beschränkt, sagt Archivar Thomas Brakmann. "Eine CD sollte beispielsweise möglichst schon nach zehn Jahren auf ein neues Speichermedium kopiert worden sein, will man vermeiden, dass deren Inhalt unwiederbringlich verloren geht."

Der Archivar muss sich fortlaufend technisches Fachwissen auf relativ hohem Niveau aneignen. "Er muss auch laufend Kosten und Nutzen bilanzieren, um in Zeiten knapper Kassen den eigenen Haushalt nicht überzustrapazieren", sagt er. Gleichzeitig vollziehe sich die Ablösung der Karteikästen und Findbücher durch multifunktionale Datenbanken, für deren Entwicklung und Pflege ebenfalls die Archivare zuständig sind.

Damit ist auch Martina Eckstein beschäftigt. Die 43-Jährige leitet seit April den Bereich Dokumentation für den Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG). Seit gut zwei Jahren werden dort Pläne und Akten digitalisiert. Eckstein entwickelt dazu Konzepte für die inhaltliche Erschließung und erstellt einen einheitlichen Aktenplan für den LSBG zur Anpassung an die digitale Datenhaltung.

"Ziel ist die elektronische Akte", sagt Eckstein. Dahinter stehen nicht nur Servicegedanken, sondern handfeste wirtschaftliche Aspekte. Wenn die hauseigenen Entwurfsingenieure zum Beispiel mit der Grundinstandsetzung eines Bauwerks beauftragt werden, müssen sie die Historie kennen. Und wenn sie dazu Stunden um Stunden auf der Suche nach Informationen beim Aktenstudium verbringen, wird das teuer. Denn je nach Bauwerk kommt so einiges an Schriftgut zusammen.

"Das sind manchmal nur ein bis zwei Ordner - es können aber auch mal 50 laufende Regalmeter sein ...", sagt Eckstein. Noch teurer jedoch kann es werden, wenn auf Grund fehlender Pläne beim Bau auf unerwartete Hindernisse gestoßen wird.