Wer sich selbst beim Headhunter ins Gespräch bringen will, stellt sich oft ins Abseits. Oder gerät an unseriöse Vertreter einer schillernden Branche

Schon wieder ist es passiert! In der Kantine erzählt der Teamleiter aus dem Vertrieb, nennen wir ihn Michael, ganz vertraulich, dass er so ein geheimnisvolles Telefongespräch hatte. "Können Sie gerade offen sprechen?", lautete die erste Frage des Anrufers. Die typische Frage, mit der sich ein Headhunter outet. Bei Michael rufen solche Personalberater offenbar alle paar Wochen an. Nun gut, Michael ist eine fleischgewordene Flatrate, wenn es darum geht, sich wichtig zu machen und seine Leistungen ins rechte Licht zu rücken. Trotzdem fragen sich die Kollegen: Wieso ruft mich eigentlich keiner an?

Vermutlich, weil man nicht genug auf sich aufmerksam macht. So jedenfalls lautet die impulsive erste Antwort. Um sich selbst ins Gespräch zu bringen, kontaktieren manche Berufstätige deshalb sämtliche Headhunter im Branchenbuch und stellen ihren Lebenslauf unaufgefordert zur Verfügung. "Oft bekommen wir diese Lebensläufe einfach per E-Mail und zusammen mit einem auffallend standardisierten Anschreiben zugeschickt, das offensichtlich einer größeren Anzahl von Adressaten gleichzeitig zugeht", berichtet Dr. Marcus Schmidt, Geschäftsführer der Personalberatung hanover matrix GmbH in München.

Die Absender hätten sich oft weder mit dem Adressaten auseinandergesetzt noch sich die Mühe gemacht, ihren Lebenslauf auf die Bedürfnisse der jeweiligen Personalberatung zuzuschneiden, kritisiert Schmidt, der seine Erfahrungen als Headhunter in dem Buch "Die 40 größten Karrieremythen" (Eichborn Verlag) beschreibt. Ein Massenanschreiben an Personalberatungen sei nicht nur nutzlos, sagt Schmidt, "es ist sogar kontraproduktiv. Denn es sorgt bei dem Beratungsunternehmen für einen negativen, inkompetenten Vorabeindruck des Kandidaten."

Initiativbewerber signalisieren vor allem ihre Verfügbarkeit. Allerdings könne daraus "leicht der Eindruck resultieren, dass der Kandidat unter Druck steht, unbedingt einen neuen Job braucht", erklärt Headhunter Schmidt. "Im Grunde signalisiert der Initiativbewerber auch, dass er nicht davon ausgeht, dass man ohne sein Zutun auf ihn aufmerksam wird." Mangelndes Selbstvertrauen und Unkenntnis über die Arbeitsweise von Personalberatern zeige auch, wer die unglückliche Frage stellt "Wie sind Sie auf mich gekommen?", sagt Dr. Tiemo Kracht, Geschäftsführer von Kienbaum Executive Consultants in Hamburg.

Kienbaum und andere international ausgerichtete Headhunter wie Egon Zehnder, Odgers Berndtson, Heidrick & Struggles oder Baumann werden in der Regel erst bei Jahresgehältern ab 100 000 Euro aufwärts tätig. Sie sind auch an der Besetzung von Vorstandsposten wie etwa der Nachfolge von HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher beteiligt.

So schwierig ein geeigneter Kandidat für den Job des ungeliebten "Dr. No" auch zu finden und vor allem im politischen Minenfeld durchzusetzen ist, es lohnt sich. Denn für eine erfolgreiche Vermittlung erhält ein Personalberater vom Auftraggeber im Schnitt ein Drittel des Brutto-Jahresgehaltes der jeweiligen Position. In der Branche spricht man von Jahreszielvergütung. Sie umfasst neben den zwölf Grundgehältern plus Urlaubs- und Weihnachtsgeld auch weitere Sonderzahlungen und den erfolgsabhängigen Bonus. Diese Vermittlungsgebühr wird meist gestaffelt in drei Teilbeträgen ausgezählt. Die erste Rate bei der Auftragserteilung, die zweite bei der Präsentation der besten Kandidaten und die dritte nach erfolgreicher Vermittlung.

Mit diesem Geschäftsmodell sind derzeit mehr als 20 000 Mitarbeiter bei rund 1800 Personalberatungen in Deutschland tätig, schätzt der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU). Unumstritten ist das Gewerbe indes nicht. In den beiden Wirtschaftskrisen dieses Jahrzehnts haben sich viele geschasste Manager als Headhunter selbstständig gemacht - oft bar jeder Sachkenntnis und ohne ausreichende Kontakte im Markt. "Oft hatten die Personalberater, die bei mir angerufen haben, keine Ahnung, welche Aufgaben ich wirklich im Unternehmen wahrnehme", erzählt ein Hamburger Bank-Manager: "Und sie wussten auch wenig über die Aufgaben der vakanten Position und die Erwartungen des Auftraggebers."

Das bestätigt der ehemalige Geschäftsführer eines internationalen Unternehmens: "Viele Personalberater können schon die einfachsten Fragen zum Auftraggeber und selbst zum Suchauftrag nicht beantworten." Seine Kritik geht noch weiter: "Die ganze Headhunting-Branche ist durchsetzt von Egomanen, die vor allem an die Optimierung ihres Einkommens denken, dann kommt lange nichts, dann Kunden und deren Ziele, dann wieder lange nichts - und dann erst die Kandidaten. Entsprechend erkenne ich die - wenigen - guten Headhunter daran, dass sie auch mal einen Kandidaten wirklich kennenlernen wollen, ohne dass ein entsprechendes Suchmandat vorliegt."

Klar ist: Wer von Headhuntern angerufen wird, sollte klare Erwartungen und Kompetenzen zeigen. Vor allem aber sicherstellen, dass es sich wirklich um einen seriösen Personalberater handelt. Dann lohnt es sich, den Kontakt diskret und nachhaltig zu pflegen.