Voll im Leben - trotz Behinderung. Christian Hinzmann, 57, lebt seit zwei Jahren mit einer neuen Leber

"Dass ich mit über 50 wieder einen Job finden würde, hätte ich nicht gedacht", sagt Christian Hinzmann. Dabei arbeitet er doch so gern. "Wirklich, ich brauche das", unterstreicht der 57-Jährige. Selbst in seiner Freizeit - ruhig im Sessel zu sitzen, sei nichts für ihn. "Dann puzzle ich am Haus oder im Garten herum."

Hinzmann arbeitet bei der Grünthal Feinblechtechnik GmbH in Oststeinbek. "Als Hansdampf in allen Gassen", sagt er lachend. Er hat alle Aufträge im Blick, sorgt dafür, dass die Werkstücke rechtzeitig fertig werden und anschließend auf den Weg zum Kunden gehen. Seine schwere Krankheit, die ihm eine 100-prozentige Schwerbehinderung eingebracht hat, sieht man ihm nicht an. "Zum Glück habe ich keine Einschränkungen", sagt er.

Quelle: on3.de

Eine Infektion mit Hepatitis C hatte seine Leber langsam zerstört

Aber er weiß, dass er großes Glück hatte: "Bei mir ging es schnell genug." Nur drei Monate waren seine Ärzte im Jahr 2008 auf der Suche nach einer Spenderleber. Dann hatten sie ein passendes Organ gefunden.

Mit seiner eigenen Leber konnte Hinzmann nicht mehr weiterleben. Eine Infektion mit Hepatitis C hatte sie über Jahrzehnte unbemerkt zerstört und Krebs verursacht. "Als das bei einer Routineuntersuchung entdeckt wurde, haben auch Chemotherapie und Operationen nicht mehr geholfen."

Ein Freund habe ihm dann die Hälfte seiner Leber spenden wollen. Doch als die Ärzte dessen Bauch aufschnitten - Hinzmann lag operationsbereit nebenan -, mussten sie feststellen, dass zu viele Blutgefäße das Organ an ungünstigen Stellen durchzogen. Die OP wurde abgeblasen. "Ich wusste bis dahin nicht, dass ich solche Freude habe", sagt Christian Hinzmann.

Man ahnt aber schnell, was sie an ihm mögen. "Ich lasse mich nicht verrückt machen. Ich neige sogar dazu, immer ruhiger zu werden, solange mich die Geschichte begleitet." Verändert habe ihn die Erfahrung nicht, sagt er. Grübeln ist nicht seine Art, er nimmt die Dinge, wie sie kommen. Nur gefühlt habe er sich nach der Transplantation plötzlich ganz anders: "Viel besser! Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich schon so krank war." Immerhin waren die Tumore in seiner Leber gutartig, wie ihm die Ärzte nach der Transplantation sagten. "Vorher wollte ich es nicht wissen."

Der Hamburger lebt mit seiner Frau in Barmbek, die Kinder sind aus dem Haus. Er ist gelernter Kürschner. Doch schon Jahrzehnte bevor er zu Grünthal kam, verlegte er sich auf die verwaltenden Bereiche der Textilbranche. Er war als Personalchef, Lagerleiter und Projektverantwortlicher tätig. Unter anderem baute er ein Distributionslager in Polen auf. Während er krankgeschrieben war, rutschte seine Firma, für die er 18 Jahre lang gearbeitet hatte, in die Insolvenz. Da er sich nur schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt ausrechnete, hatte es Christian Hinzmann - auch als es ihm wieder besser ging - mit dem Bewerben nicht eilig.

Über den Integrationsfachdienst der Arbeitsagentur fand er seinen Job

"Aber schließlich hat mich die Krankenkasse ausgemustert", sagt er. "Und dann habe ich mich arbeitslos gemeldet." Unterstützt vom Integrationsfachdienst der Arbeitsagentur habe er nach drei Wochen Kontakt zu Grünthal geknüpft, nach sechs Wochen war er wieder im Job. "Grünthal ist ein sehr sozialer Arbeitgeber", sagt Christian Hinzmann. Außer ihm arbeiten ein weiterer ehemaliger Krebspatient sowie elf gehörlose Kollegen bei der Firma.

Mit dem Thema Organspende hatte sich Christian Hinzmann zuvor nie wirklich beschäftigt. "Es braucht meist einen Anlass - das sehe ich jetzt auch in unserem Freundeskreis." Die Bereitschaft zu spenden sei dort deutlich gewachsen. Der 57-Jährige hofft, dass sich immer mehr Menschen entschließen, Organspender zu werden. Oder dass sich gesetzlich etwas ändert: "In anderen Ländern muss man es dokumentieren, wenn man nicht spenden will." Dass es in Deutschland genau anders herum ist, findet er falsch. "Seinem" Spender, über den er nichts weiß - nichts wissen darf -, ist Christian Hinzmann jedenfalls unendlich dankbar.