Serie, Teil 4: Voll im Leben - trotz Behinderung. Einen Job im Sitzen kann Adam Zielinski, 49, nicht gebrauchen

Immer in Bewegung sein - das gefällt Adam Zielinski. Und es tut im gut. Ein Job im Sitzen? Bloß nicht! Der 49-Jährige hat die Bechterewsche Krankheit. Dadurch werden seine Rückenwirbel steif. Lange in derselben Position zu verharren bekommt ihm gar nicht. Jede Bewegung ist darum immer auch ein bisschen Therapie.

Bei Wizard Textilkonzepte arbeitet er in der Stickerei. Jeweils acht Maschinen stehen in einer Reihe und sticken gleichzeitig an denselben Logos oder Schriftzügen. "Jacken, Hemden - wir bearbeiten alle möglichen Kleidungsstücke", erklärt Zielinski. "Gerade habe ich zum Beispiel 100 Schals mit einem Logo versehen." Computer steuern die Stickmaschinen - für jedes Logo und jede Form wird von einem Dienstleister ein spezielles Programm geschrieben, das den Maschinen die Anweisungen für Farben und Formen gibt.

Im Bewerbungsgespräch war seine Krankheit ein Thema - aber nur kurz

Alles andere ist Handarbeit. Und die verlangt Fingerspitzengefühl: "Die Materialien sind sehr empfindlich, man muss aufpassen, dass beim Einspannen nichts kaputt geht." Und ein scharfes Auge braucht Adam Zielinski auch: beim Einfädeln des neuen Garns etwa. "Ich bin froh über meine Arbeit", sagt der gebürtige Pole. Und das Team - vier bis fünf Kollegen arbeiten an den Stickmaschinen - verstehe sich auch prima.

Seit gut zwei Jahren ist Zielinski bei Wizard tätig. Natürlich sei auch seine Krankheit im Bewerbungsgespräch Thema gewesen. Am Rande: Er sei nur gefragt worden, ob er sich die Arbeit zutraue, erinnert sich Adam Zielinski. Dann habe er einen Tag zur Probe gearbeitet und schließlich den Vertrag unterschrieben.

In Bezug auf die Arbeit hat der begeisterte Hobbygärtner bislang immer Glück gehabt: "Schon als ich 1989 nach Hamburg kam, habe ich nach neun Monaten einen Job gefunden." Und dass es überhaupt so lange gedauert hat, lag nur am Sprachkurs, den er zuvor noch absolviert hat. "Schließlich habe ich kein Wort Deutsch gesprochen, als ich hierher kam."

Sein erster Arbeitgeber in Deutschland war ein Hersteller von Brillengläsern. "16 Jahre habe ich dort gearbeitet", sagt Adam Zielinski. "Bis die Produktion ins Ausland verlagert und die Niederlassung hier geschlossen wurde." Und dann, nach der Kündigung? Wurde er arbeitslos? "Nein!", sagt der 49-Jährige stolz. "Arbeitslos bin ich nie gewesen." Er nahm bei seinem alten Chef drei Tage frei, um einen neuen Job zu suchen, und schrieb viele Bewerbungen - auf Ratschlag des Integrationsfachdienstes beim Berufsförderungswerk auch an Wizard Textilkonzepte. "Und ich konnte nahtlos weiterarbeiten." Die Erfahrung aus der Produktion von Brillengläsern kommt Zielinski auch an der Stickmaschine zugute. "Obwohl die Bereiche natürlich sehr unterschiedlich sind", wie er zugesteht. "Aber Brillen und Gewebe, beides sind sehr sensible Sachen, die auch leicht mal kaputt gehen können."

Gymnastik, Wasserjogging, Sauna, Zielinski tut viel für seine Fitness

Die Bechterewsche Krankheit wurde bei Adam Zielinski vor rund 20 Jahren festgestellt. Seitdem verbringt er einen großen Teil seiner Freizeit damit, sich fit und mobil zu halten. Gymnastik, Wasserjogging, Saunagänge - das alles hilft ihm, noch möglichst lange so beweglich zu bleiben, wie er es heute ist. Kraft gibt ihm seine Familie. Mit seiner Frau und seiner Tochter - sie macht gerade eine Ausbildung als Erzieherin - lebt er in Rothenburgsort. Der Sohn ist schon ausgezogen und selbst verheiratet. Einmal im Jahr geht die Reise nach Polen, um die Eltern und die übrige Familie zu besuchen.

Anfangs sei er natürlich sehr betroffen gewesen von der Diagnose der Ärzte. Doch jetzt hat er die Krankheit angenommen. "Ich muss nach vorne schauen, nicht zurück. Klar, wäre auch ich lieber gesund geblieben. Aber ich habe es, und nun muss ich eben so weiterleben." Eine Prognose über den weiteren Verlauf gebe sein Arzt nicht ab, sagt Zielinski. "Aber für die nächsten Jahre wünsche ich mir, dass ich meine Krankheit auf demselben Stand wie jetzt halten kann."