Vom Kraftfahrer bis zur Führungskraft: In der Logistik-Branche Hamburgs wird Personal gesucht. Auch neue Studiengänge entstehen

Laut einer Studie der Weltbank "Connecting to Compete 2010" nimmt Deutschland die Spitzenposition als leistungsfähigster Logistikstandort weltweit ein. Gemessen am Umsatz stellt die Branche den drittgrößten Wirtschaftsbereich Deutschlands dar - das eröffnet sowohl vielversprechende als auch vielseitige Berufsperspektiven.

Das Wachstum in der Logistik entwickelt sich weit schneller, als Experten zu hoffen gewagt hatten. Noch im Frühjahr etwa war Gernot Lobenberg, Geschäftsführer der Logistik-Initiative Hamburg, vorsichtig mit seiner Prognose: "Eine erste leichte Erholung zeichnet sich bereits ab, aber es wird wahrscheinlich noch drei bis vier Jahre dauern, bis wir das Niveau von 2008 wieder erreicht haben." Tatsächlich beschleunigt der aktuelle Konjunkturaufschwung diese Entwicklung ganz erheblich.

So kann die Branche auf einen wahren Parforceritt zurückblicken: Vom Rekordjahr 2008 über das Krisenjahr 2009 zu einem viel versprechenden Jahr 2010, in dem laut Bundesvereinigung Logistik (BVL) wieder Wachstumsraten von vier bis fünf Prozent zu erwarten sind. Für das kommende Jahr erwartet die BVL einen weiteren Anstieg um rund vier Prozent. "2011 läge die Logistik damit wieder - und das schneller als noch vor Kurzem erwartet - im Bereich des Rekordniveaus des Jahres 2008", erklärte Ende Oktober BVL-Vorstandsvorsitzender, Professor Raimund Klinkner, auf dem 27. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin. Allerdings wies er auf Risiken hin, etwa den nicht anspringenden Weltkonjunkturmotor USA oder die hoch verschuldeten Volkswirtschaften.

Unternehmensverband Hafenerwartet deutlich mehr Umschlag

Die internationale Entwicklung behält auch die Hamburger Logistikbranche stets im Blick, denn Hamburgs Bedeutung als Logistikstandort basiert maßgeblich auf dem Hafen, immerhin der drittgrößte europäische Containerumschlagplatz. Auch dort ist die Entwicklung vielversprechend. So rechnet der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) für das Gesamtjahr 2010 mit einem Gesamtumschlag von 115 bis 120 Millionen Tonnen (2009: 110 Mio.) und einem Containerumschlag von 7,7 bis 8,0 Millionen Standardcontainern (2009: 7 Mio. TEU). Entsprechend werden in Hamburg wieder Fachkräfte gesucht. "Von Berufskraftfahrern und Fachkräften für Lagerlogistik über Speditionskaufleute bis zu Projektmanagern und Führungskräften mit akademischem Hintergrund", sagt Gernot Lobenberg von der Logistik-Initiative. Professor Henning Kontny, zuständig für die inhaltliche Gestaltung der logistischen Studiengänge an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), beobachtet allerdings auch gestiegene Anforderungen bei der Qualifizierung. "Hier ist ein ganzheitlicher Ansatz gefragt. Neben den Grundqualifikationen in Wirtschaft und Technik gewinnen Aspekte wie Internationalisierung, Nachhaltigkeit, Recht sowie Sicherheitsanforderungen und Informationsmanagement kontinuierlich an Bedeutung." Die HAW bietet dazu sowohl einen siebensemestrigen Bachelorstudiengang "Logistik/Technische Betriebswirtschaftslehre", als auch einen dreisemestrigen, konsekutiven Masterstudiengang International Business and Logistics an.

Ebenfalls Logistik auf Bachelor und Master lässt sich seit dem vergangenen Wintersemester an der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) studieren. Umfangreiche, interdisziplinäre Kenntnisse aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften, aber auch aus der Betriebswirtschaft stehen im sechssemestrigen Studiengang "Logistik und Mobilität" auf dem Stundenplan.

Der viersemestrige Masterstudiengang "Logistik, Infrastruktur und Mobilität" baut darauf auf "und zielt nicht nur auf Führungspositionen, sondern auch auf Forschungsaktivitäten", erklärt Heike Flämig, Professorin im Institut Verkehrsplanung und Logistik an der Technischen Uni.

Als neuestes akademisches Logistik-Angebot ist im September mit 26 Studenten die Kühne Logistics University (KLU) - Wissenschaftliche Hochschule für Logistik und Unternehmensführung in der Hafencity gestartet. Bei der Etablierung des zweijährigen, englischsprachigen Masterstudiengangs Master of Science Program in Global Logistics - Kosten insgesamt 15 000 Euro - konnte die KLU auf Erfahrungen der 2003 gegründeten Kühne School of Logistics aufbauen.

Logistik-Studium vermittelt Wissen, das in vielen Bereichen gebraucht wird

Das Programm unterteilt sich in sechs Trimester, eines davon wird an einer internationalen Partnerhochschule absolviert, etwa in Ohio oder Shanghai. Pressesprecher Dirk Laschke nennt die Themenschwerpunkte: "Das Konzept sieht 48 Prozent logistische Inhalte vor, 36 Prozent im Bereich BWL und 18 Prozent Leadership-Skills." Der betriebswirtschaftliche Fokus der KLU zielt vor allem auf Führungspositionen ab. "Allerdings nicht notwendigerweise in einem Logistikunternehmen", betont Laschke. "Allgemein sollten große internationale Unternehmen von unseren Absolventen profitieren können." Denn gerade in der Logistik ließen sich komplexe Vorgänge gut vermitteln.