Klaus Kobjoll, Chef des Schindlerhofs, glaubt: Wer Mitarbeitern viel Freiheit lässt, dem danken sie es mit vollem Einsatz

Für die rund 70 Angestellten im Tagungshotel Schindlerhof gibt es keine Gehaltsvariablen, und Überstunden werden ihnen nicht vergütet. Trotzdem erhält das Unternehmen Auszeichnungen wie "Great Place to Work" und "Deutschlands beste Arbeitgeber". Zu ihm kämen bestimmte "leistungsorientierte Menschen", sagt Gründer und Inhaber Klaus Kobjoll, 62. Bei ihnen punktet er mit einer Firmenkultur geprägt von Transparenz, Stolz und Wettbewerb. "Bei uns geht es tougher, aber auch viel freier zu", sagt er.

Hamburger Abendblatt: Offensichtlich wissen Sie, wie man Mitarbeiter richtig behandelt. Wie ist Ihr Führungsstil?

Klaus Kobjoll: Das Wichtigste ist - ich bin selten da. Und damit habe ich zwangsläufig ein sehr autonomes Team. Meine Mitarbeiter sind sehr stark ermächtigt, Entscheidungen zu treffen, und sie dürfen auch Fehler machen. Das finden sie toll. Leute wollen selbstbestimmt arbeiten.

Dafür brauchen sie aber auch mehr Infos als reine Weisungsempfänger ...

Kobjoll: Richtig. Ein Mitarbeiter, der nicht alle Informationen erhält, kann keine Entscheidungen treffen. Bei uns wird darum alles offen kommuniziert. Jeder weiß alle Zahlen - die Umsätze, die Gewinne. Wenn der Mitarbeiter dann feststellt, wir brauchen in einem der Tagesräume einen neuen Beamer, kann er selbst entscheiden, ob wir uns den gerade leisten können. Er kauft ihn oder auch nicht - braucht mich aber nicht danach zu fragen.

Gucken Mitarbeiter denn dann nicht neidisch auf Beschäftigte anderer Firmen, wenn sie sehen, dass das eigene Unternehmen schlechte Zahlen schreibt?

Kobjoll: Im Gegenteil - es entsteht eine Stolzkultur! Leute wollen für Gewinner arbeiten und nicht für Loser. Und darum engagieren sie sich mehr. Wenn Sie keine Transparenz im Unternehmen haben, entstehen nur Gerüchte.

Warum sind viele Geschäftsführer dann aber noch so zögerlich damit, Zahlen rauszurücken?

Kobjoll: Viele befürchten, etwas von ihrer lächerlichen Autorität zu verlieren, wenn sie schlechte Zahlen kommunizieren. Und in Konzernen sind die Geschäftsführer oftmals gar nicht ermächtigt, die Zahlen rauszugeben - selbst wenn es gute sind.

Wie motivieren Sie denn Ihre eigenen Mitarbeiter?

Kobjoll: Man kann Menschen nicht motivieren. Ein Mensch hat einen inneren Antrieb, von außen geht das nicht. Wir setzen darum zum Beispiel das Selbstmotivationstool "MAX" ein, den Mitarbeiter-Aktienindex. Das ist eine digitalisierte Mitarbeiterbeurteilung, in der der Mitarbeiter monatlich in einen Spiegel schaut und selber seinen Wert für den Arbeitsmarkt sehen kann. So bekommt er die Chance, an sich zu arbeiten und seinen Wert zu verbessern. Und wenn ich an mir selber arbeite, verändere ich auch - unbewusst - mein Umfeld. Den MAX haben wir inzwischen international in 180 Firmen implementiert.

Gibt's bei Ihnen keine Boni?

Kobjoll: Nein, ganz wenige Positionen ausgenommen. Ich bin kein Freund von Incentives. Daraus spricht die alte Zeit: Du kriegst was extra, wenn du was tust. Ich finde, die innere Motivation muss so stark sein, dass man zwar noch Rituale der Wertschätzung hat, aber keine Incentives. Ich glaube nicht, dass diese Zuckerbrot-und-Peitsche-Geschichten funktionieren. Ich muss doch mein Produkt lieben, ich muss meine Firma gernhaben und mich mit ihr identifizieren! Dies ist ein Spiel ohne Sanktionen und ohne Incentives.

Fördert so ein Instrument wie der MAX nicht die Konkurrenz untereinander?

Kobjoll: Zwischen den einzelnen Abteilungen schon, aber nicht zwischen den einzelnen Mitarbeitern. Keiner hat die Möglichkeit, den individuellen Wert des Kollegen anzugucken. Aber wir stellen die einzelnen Abteilungen gegenüber. Das ist eine riesige Motivation, wenn zum Beispiel die Zimmermädchen die Unternehmensführung überholen. Das ist schon passiert!

Nehmen wir ein Beispiel: Sie werden als Berater in eine Abteilung geholt, in der Stimmung und Leistung schlecht sind. Wo würden Sie ansetzen, um das Team wieder in die Spur zu bringen?

Kobjoll: Ich würde mir zunächst einmal die Führungskraft vorknöpfen. Nach meiner Erfahrung reicht es oft schon, sie auszutauschen und die Leistung und die ganze Stimmung gehen wieder nach oben. Ich finde es unfair, wenn eine Führungskraft sagt: Gib mir bessere Mitarbeiter, dann bringe ich bessere Ergebnisse. Jede Führungskraft hat die Mitarbeiter, die sie verdient.