Eine Studie der Uni Hamburg stellt fest: Familienfreundliche Maßnahmen allein helfen weiblichen Führungskräften nicht.

Hamburg. Immer mehr Studentinnen strömen aus den Hochschulen und suchen ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt. 52,2 Prozent der Nachwuchsakademiker im Jahr 2008 waren weiblich, steht im Bildungsbericht des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung. Die magische Grenze von 50 Prozent überschritten die Absolventinnen im Jahr 2004.

Man kann Frauen noch nicht einmal vorwerfen, dass sie sich in den Geistes- und Kulturwissenschaften verschanzen: Auch im Bereich der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften - der klassischen Startposition für eine Managementkarriere - stellen Frauen mit 53,2 Prozent den größten Teil.

Aber wo bleiben Frauen, wenn es um die echten Jobs in Führungsetagen geht? Sie sind da, stellt die aktuelle Studie "Wer führt in (die) Zukunft" der Hamburger Wirtschafts-Professorin Sonja Bischoff fest - nur nicht in allen Branchen. In Dienstleistungsunternehmen zum Beispiel sind weibliche Führungskräfte seit 2008 (Zeitpunkt der Erhebung) mit 52 Prozent sogar in der Überzahl. In der Vorgänger-Studie aus dem Jahr 2003 nahmen sie noch einen Anteil von 47 Prozent ein, und 1998 lag der Anteil der Führungsfrauen erst bei 39 Prozent.

Bescheidener sieht es in anderen Branchen aus. Im Handel liegen aktuell nur 15 Prozent der Führungsjobs in weiblicher Hand, in der Industrie sind es 30 Prozent. Doch Manager ist nicht gleich Manager: Auf welcher Stufe stehen eigentlich die Frauen, wenn sie schon Vorgesetzte sind? Vorrangig, zu 55 Prozent, auf der zweiten Führungsebene, wie die Bischoff-Studie ermittelt hat. Nur 33 Prozent haben einen Platz auf der ersten Führungsebene erobert. Bei den Männern fällt das Verhältnis andersherum aus: 59 Prozent bekleiden einen Job auf erster Ebene, 38 Prozent stehen in der zweiten Reihe.

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Befragt, was sie als Managerinnen am Aufstieg hindert, nennen immer noch 24 Prozent "Vorurteile gegenüber Frauen". Das lässt alle anderen Hindernisse weit hinter sich: 16 Prozent der Frauen nannten an zweiter Stelle "Probleme mit Vorgesetzten" und erst auf Platz drei "Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Karriere".

Nicht immer sind es äußere Faktoren, die Frauen vom Aufstieg abhalten. Bei vielen funkt auch das Selbstbild oder das Lebensmodell dazwischen: Hatten zu Beginn ihres Berufslebens immerhin 42 Prozent der Männer ganz selbstverständlich daran gedacht, auch mal eine Führungsposition zu übernehmen, waren es bei den Frauen nur 24 Prozent, die sich Führung vorstellen konnten. Und am anderen Ende der Skala sagten nur 18 Prozent der Männer, dass es für sie anfangs unvorstellbar gewesen sei, Vorgesetzte zu werden. Allerdings bejahten 30 Prozent der Frauen diese Aussage.

Rückblickend auf fünf Studien resümiert Professorin Sonja Bischoff: "Das von Frauen am häufigsten genannte Karrierehindernis sind seit 1986 die Vorurteile gegenüber Frauen als Führungskräfte. Gleichzeitig wollen kaum mehr Frauen als in der Vergangenheit weiter aufsteigen. Dagegen sind es unter den Männern konstant mehr als unter den Frauen."

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Vielleicht liegt es daran, dass es zu wenig Vorbilder gibt - und wenn es sie gibt, sind sie noch nicht einmal rundum glücklich: 49 Prozent der Führungsfrauen sagen, dass sie mit ihrer Arbeitssituation nur teilweise oder gar nicht zufrieden sind - unter anderem aufgrund schlechterer Bezahlung und einer geringeren Zahl von Mitarbeitern. Was folgt daraus für die Gleichstellung von Männern und Frauen? Bischoff: "Frauen über Maßnahmen, die sich vorrangig in familienfreundlicher Personalpolitik niederschlagen, zu werben und zu halten, wird nicht ausreichen." Zumal die Vereinbarkeit von Karriere und Familie nicht das häufigste Karrierehindernis aus Sicht der Frauen im mittleren Management ist. Es sind die Vorbehalte ihnen gegenüber.