Entwickler für mobile Anwendungen haben beste Jobchancen. Immer mehr Firmen brauchen die kleinen IT-Programme

Hamburg. Sein Bachelor-Studium Medien- und Informationswesen wird Simon Schmid mit einer Arbeit übers iPhone abschließen. Danach startet der 25-jährige Student seine Karriere bei einer großen Werbeagentur - als Programmierer und Entwickler.

Flash beherrscht Schmid bereits, jetzt eignete er sich das Basiswissen des Programmierens von Applikationen (Apps) an, kleinen unterhaltsamen oder nützlichen Programmen, die auf den mobilen Apple-Geräten iPod touch, iPhone und iPad laufen. "Im Moment muss die Agentur bei Kundenwünschen rund um Apps noch auf externes Know-how zurückgreifen, in Zukunft können sie das mit Leuten wie mir auch inhouse leisten", erklärt Schmid seine Lernbereitschaft.

Der Student setzt auf einen höchst dynamischen Markt - und auf eine Gewinnermarke: Anfang Juli bot Apples Vertriebsplattform "App-Store" bereits mehr als 225 000 Programme aus 20 Bereichen wie Nachrichten, Navigation oder Spiele zum überwiegend kostenlosen Herunterladen an, sagenhafte fünf Milliarden Downloads zählte der virtuelle Laden seit Eröffnung.

Unternehmen vermarkten ihre Produkte über Applikationen

Während die Zahl mobiler Geräte rasant wächst, setzen immer mehr Unternehmen bei der Vermarktung ihrer Produkte und Services auf mobile Anwendungen. "Mittelfristig werden nicht nur große Konzerne, sondern auch mittelständische und sogar kleine Unternehmen Applikationen nutzen", ist sich Olaf Monien, Mitinhaber der Software-Schmiede Delphi Experts in Frankfurt/Main, sicher.

In so ziemlich jeder Branche fänden sich zahllose Anwendungsmöglichkeiten. Der Informatiker entwickelt mit seinem Unternehmen selbst mobile Anwendungen, aktuell für einen großen Fitness-Anbieter, der seine Produkte auf dem iPhone präsentieren will. "Mit dem Verkaufsstart des iPad werden bei uns auch immer mehr 'artfremde' Branchen eine App herausbringen", ist Marlene Buschbeck-Idlachemi, stellvertretende Chefredakteurin der Magazine "iPhonewelt" und "Macwelt", überzeugt.

Das könne ebenso ein großer Händler mit einem "Filial-Finder" sein, wie ein kleines Kurhotel in Mecklenburg. Parallel zur Nachfrage nach Applikationen steigt der Bedarf an Programmierern, die Apps erstellen können. Entwickler mit Programmierkenntnissen für das iPhone bekämen sofort eine Stelle, weiß Ralf-Gordon Jahns, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Research2Guidance, das jüngst den "Global Smartphone Application Market Report 2010" herausbrachte.

Vor allem Media-Agenturen und mittelständische IT-Dienstleister suchten händeringend nach solchen Leuten. "Apps werden für Unternehmen einen ähnlichen Stellenwert bekommen wie eine Corporate Website, da ist enormes Potenzial", sagt Ralf-Gordon Jahns.

Bei der Online-Agentur Das Medienkombinat mit Standorten in Chemnitz und Potsdam arbeitet man derzeit an einer Applikation für das Hamburger Thalia-Theater. Auch das kleine Softwarehaus mit aktuell zehn festen und fünf freien Mitarbeitern braucht dringend Nachwuchs. "Wir sind ständig auf der Suche nach neuen Leuten", sagt Geschäftsführer Tim Neugebauer, "aber es herrscht Fachkräftemangel."

Autodidakten unter sich: Bislang gibt es kaum Lehrangebote

Trotzdem finden sich in Deutschland erst vereinzelt Lehrangebote. Bisher scheint der Markt vor allem den Autodidakten unter den Programmierern überlassen zu sein. Allerdings wartet die Uni Hamburg mit ersten Veranstaltungen auf ("Powerday: iPhone-Programmierung" am 24. August; Info: www.dpunkt.de/powerday ). "Wer sich mit der Technik auskennt und sie als Mittel zum Zweck versteht, wird auf einen großen Markt treffen", ist sich Professor Heinz Zuellighoven vom Department Informatik sicher.

Wenn ihr Arbeitspensum es zulässt, bieten die Delphi Experts zweitägige Workshops an, bei denen auch Hamburg auf dem Tournee-Kalender steht. Ihre Erfahrung: "Zu lernen, wie man einfache Apps erstellt, ist kein Problem", versichert Informatiker Olaf Monien. "Vorausgesetzt, man ist fit in Englisch und hat Vorkenntnisse im Programmieren."

Apple selbst macht es Neueinsteigern leicht: Nach einer Registrierung als iPhone-Entwickler auf der Apple-Homepage kann man kostenlos das Developer Kid "iPhone SDK" herunterladen. Zudem muss man weder ein iPhone noch ein iPad besitzen, beide Geräte sind als Simulator im Einsteiger-Pack enthalten. Erst wenn man selbst entwickelte Anwendungen auf Hardware oder in den App-Store übertragen will, benötigt man eine Lizenz. Doch auch hier sind die Kosten mit 99 Dollar jährlich überschaubar.