... ein Casting-Direktor? Tobias Hasan wählt die Sänger für die Hamburger Staatsoper aus.

Hamburg. Ursprünglich wollte Tobias Hasan Sänger werden. Während der Schulzeit hatte er bei den Salzburger Festspielen mehrmals als Komparse gejobbt und dabei seine Liebe zur klassischen Musik entdeckt. Nach seinem Gesangsstudium am Salzburger Mozarteum versuchte der Bassbariton einige Jahre lang, sich im hart umkämpften Markt als Sänger durchzuschlagen, merkte dann aber, dass diese Berufswahl für ihn doch nicht das Richtige war.

Also startete er im Alter von 31 Jahren einen Neuanfang - als Mitarbeiter im künstlerischen Betriebsbüro der Hamburgischen Staatsoper. Eine kluge Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Denn inzwischen ist der heute 36-Jährige zum Casting-Direktor und Chefdisponenten in dem renommierten Opernhaus aufgestiegen.

Als Casting-Direktor ist es seine Aufgabe, die einzelnen Vorstellungen in enger Zusammenarbeit mit der Intendantin Simone Young zu besetzen. Zur Auswahl stehen dafür Mitglieder des festen Ensembles der Staatsoper, die jungen Sänger des Internationalen Opernstudios sowie internationale Gastsolisten.

Pro Oper müssen teilweise bis zu 20 Positionen besetzt werden. "Meistens gibt es mehr Bewerber als Rollen. Daher gehört es auch zu meinen Aufgaben, schlechte Nachrichten zu überbringen. Da ist dann Einfühlungsvermögen gefragt", erzählt der Casting-Direktor. Mit den Sängern, für die es gute Nachrichten gegeben hat, verhandelt Tobias Hasan dann Gagen und Vertragskonditionen.

Um geeignete Sänger zu finden, veranstaltet er regelmäßig Vorsingen. Auch mit Künstleragenturen arbeitet er eng zusammen. "Außerdem muss man sehr viel herumreisen und viele Stimmen anhören", berichtet der gebürtige Salzburger, der mittlerweile überzeugter Wahlhamburger ist.

Obwohl Tobias Hasan gern im Hier und Heute lebt, muss er in seiner Position sehr vorausschauend planen. Die Spielzeit 2012/2013 sei bereits nahezu komplett besetzt, erzählt er. Derzeit bastelt der Casting-Direktor an der Spielzeit 2013/2014 sowie am Spielplan für die darauf folgende Spielzeit. "In diesem Job benötigt man große Repertoire- und Sängerkenntnis, ausgeprägte Musikalität sowie gute, geschulte Ohren", sagt Hasan. Auch Sprachkenntnisse seien gern gesehen.

Der Sohn einer Österreicherin und eines Irakers spricht selbst vier Fremdsprachen: Englisch, Französisch, Italienisch und Estnisch. Die Vorstellungen der Staatoper besucht er mehrmals pro Woche. Da hört er dann sehr genau hin, ob die von ihm ausgewählten Sänger auf der Bühne auch wirklich überzeugen. "Falls es doch die eine oder andere Fehlbesetzung gegeben hat, stellt sich das allerdings meistens schon in den Proben heraus. Dann muss umbesetzt werden", erläutert Hasan.

In diesen Tagen fiebert er der Götterdämmerung entgegen, mit der die Staatsoper den "Ring des Nibelungen" abschließt. Premiere ist am 17. Oktober. Auf der Bühne stehen dann 13 Solisten und ein 100 Personen starker Chor. Die Entscheidung gegen ein Leben als Sänger hat Tobias Hasan bislang keine Minute bereut. Er habe seinen Traumjob gefunden, sagt er. Vergleichbare Anstellungen für Casting-Direktoren in seinem Bereich gebe es nur an den großen Häusern in München, Berlin oder Dresden. Ein Ortswechsel kommt ihm derzeit aber nicht in den Sinn. Dafür liebt er Hamburg und die Staatsoper zu sehr.