Nie von oben herab, aufmerksam für den anderen - so geht Kommunikation

Hamburg. Kennen Sie auch diese Leute, die selbst wichtige Gespräche gern zwischen Tür und Angel führen? "Können Sie mal eben ...?", heißt es dann. Oder: "Was ich dir noch sagen wollte ...". "Das ist kein guter Stil", sagt Tom Diesbrock. "Da fehlt es an Wertschätzung."

Für den Hamburger Diplom-Psychologen und Coach ist Wertschätzung ein wichtiges Kriterium, wenn es darum geht, zielführende Gespräche zu führen. "Ich muss den anderen respektieren - als Kollege und als Mensch", erklärt er. Darum habe man auch nicht das Recht, seinem Gegenüber jederzeit alles zu sagen. "Ich muss erst abfragen, ob der andere gerade Zeit dafür hat." Selbst Führungskräften gesteht Diesbrock nicht zu, ohne anzuklopfen ins Büro des Angestellten zu stürmen. Oder ihm ins Telefongespräch hineinzureden. "Allerdings weiß man ja, dass Vorgesetzte gerade das ganz gerne tun." Wie man sie dann ausbremst? "Auch wenn es natürlich Mut verlangt: Sagen Sie freundlich aber klar, dass Sie gerade etwas Wichtiges tun und gleich auf ihn zurückkommen werden", rät der Psychologe.

Ein gutes Gespräch zu führen ist eine absolute Höchstleistung

"Beide Gesprächspartner müssen in diesem Moment bereit sein, miteinander zu reden", hebt auch Helga Sanne, Kommunikationstrainerin und Inhaberin des SprechForums Sanne in Hamburg, hervor. Nur dann funktioniert ein Gespräch - was heißt, es führt zu einem für beide vertretbaren Ziel. "Ein gutes Gespräch bedeutet Multi-Tasking, es ist eine absolute Höchstleistung", betont Sanne. "Man muss seine Aufmerksamkeit beim Gegenüber haben, bei sich selbst, auf der Meta-Ebene - was passiert zwischen uns? - und natürlich auch beim Inhalt", erklärt die Kommunikationstrainerin.

Durchblicken zu lassen, man wisse etwas besser als sein Gegenüber oder sei höher gestellt, hält sie für absolut unproduktiv. "Das ruft nur den Widerwillen des anderen hervor", erklärt Helga Sanne. "Dann haben wir nämlich eine Lehrer-Schüler-Position vor uns, und die Gefahr besteht, dass der Angesprochene 'dicht macht'." Außerdem müsse man zuhören können. "Aber das ist eine Qualität, die heute leider weiter unten rangiert. Viele haben nur im Kopf: Ich muss zu meinem Ziel kommen."

Dabei sollte sich durchzusetzen gar nicht das Wichtigste beim Gesprächeführen sein. "Das Gespräch sollte stets auf den beiderseitigen Nutzen, auf eine Win-win-Situation abzielen", betont Tom Diesbrock. Wer nur sich selbst präsentieren und eigene Anliegen durchsetzen wolle, führe keine konstruktiven Gespräche.

Blickkontakt zu halten sei wichtig, sagt der Psychologe. "Das zeigt Respekt vor dem anderen." Und man solle bei Gesprächen, in denen Kritik geübt wird, nicht mit anklagenden "Du-Botschaften" um sich werfen. "Sagen Sie vielmehr: 'Ich bin sauer, weil ...' oder 'Mich stört, dass ...'", regt Diesbrock an.

Außerdem sollte es tabu sein, persönlich zu werden. "Es gibt ein schlichtes Modell, an dem man sich orientieren kann", erklärt Diesbrock. "Es unterscheidet zwischen einem roten und einem grünen Männchen." Das rote stehe für den Menschen selbst, seine Werte und Gefühle. Das grüne für seine berufliche Rolle. "Das rote Männchen darf man in einem Konfliktgespräch auf gar keinen Fall tangieren." Falsch wäre es also zum Beispiel, einem Vertriebler so etwas als Feedback zu geben: "Ich weiß schon, warum Sie nicht zu diesem Kunden gehen - Sie haben Angst vor ihm!"

"Die innere Haltung der Wertschätzung äußert sich auch in der Sprechweise", erklärt Kommunikationstrainerin Helga Sanne. Sie hält es mit der KISS-Formel: "Keep it short and simple". "Man macht die Sätze nicht zu lang, gibt dem anderen mit einer kleinen Pause auch mal die Möglichkeit zum Reflektieren", rät sie. Jemanden "zuzureden" sei der falsche Weg, um ihn zu überzeugen. "Nicht umsonst heißt es ja 'überreden'." Damit schaffe man keine dauerhafte Zustimmung.

Die Stimme reagiert auf Emotionen, man kann sie nicht kontrollieren

Leidenschaft oder Ärger indes dürfen im Gespräch durchaus zum Vorschein kommen. "Aber nur, wenn man sie offen benennt", warnt Helga Sanne. Unterdrücken könne man Emotionen sowieso nicht. Selbst wenn man seine Worte und die Lautstärke mäßige, äußerten sich Gefühle trotzdem über die Stimme. Sanne: "Die Stimme reagiert immer auf die eigenen Emotionen, man kann sie nicht kontrollieren." Dann passen verbale und nonverbale Aussage nicht zusammen. Der Sprecher wirkt inkongruent - und schon ist die Kommunikation gestört. Schwerwiegender, als wenn er zuvor gesagt hätte: "Ich habe mich vorhin sehr geärgert, weil ..."

"Eine wichtige Benimmregel in der Kommunikation ist darum, sich erst einmal über die eigene Befindlichkeit klar zu werden", sagt Psychologe Tom Diesbrock. "Bin ich jetzt emotional in der Lage, das Gespräch zu führen?" Wenn nicht, verschiebt man es besser - und regt sich erst einmal ab.

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