... ein Verpackungsdesigner? Anja Sellmann kreiert ein attraktives Äußeres für Produkte

Hamburg. Im Supermarkt: Fingerspitzen ertasten Verpackungen, Augen scannen Oberflächen, das Einwickelpapier knistert. Wer glaubt, dass allein Produkteigenschaften und Verkaufspreise über Anschaffungen am "Point of Sale" entscheiden, irrt gewaltig. Denn Verbraucher lassen bei ihren Kaufentscheidungen auch das Verpackungsdesign der Produkte mit einfließen.

Verführung durch Verpackung, so lautet die Devise der Marketing-Strategen. Sie wissen: Attraktive Verpackungen bieten die Möglichkeit, Produkte im Regal aus dem Brei der Mitbewerber hervorzuheben und Marken einen hohen Wiedererkennungseffekt zu verschaffen. "Wenn das Verpackungsbild nicht stimmt, dann schafft es eine Marke heute kaum mehr, sich am Markt durchzusetzen. Kunden schließen vom äußeren Erscheinungsbild auf den Inhalt. Dies ist ein natürlicher Vorgang, der sich nur schwer unterbinden lässt", ist die Verpackungsdesignerin Anja Sellmann überzeugt.

Bereits während ihres Grafikdesign-Studiums an der Kunstschule Alsterdamm hat die 46-Jährige erkannt, dass Verpackungsdesign ihr Ding ist. "Verpackungen sind der wichtigste Werbeträger. Besonders faszinierend finde ich das Arbeiten im kleinen Format", erläutert die Quickbornerin. Nach mehreren Jahren in Festanstellung hat sie sich 1998 selbstständig gemacht. Zu ihren Kunden zählen vor allem Designagenturen. Für diese kreiert sie von der Verpackung für alltägliche Produkte bis hin zu edlen Hüllen für den Gourmet-Bereich. An Briefing-Gesprächen mit dem Kunden nimmt sie teilweise ebenso teil wie an Fotoshootings oder Präsentationen der Entwürfe.

Ihr wichtigstes Handwerkszeug ist ein hochleistungsfähiger Apple-Rechner. Photoshop und Illustrator gehören zu den Programmen, mit denen sie am meisten arbeitet. Insbesondere bei Markenprodukten seien das Verpackungsbild und die Farbwelt sehr konkret vorgegeben, sagt Sellmann. Der Spielraum, in dem man sich da bewegen dürfe, sei daher häufig nur sehr klein. Dennoch ist es für die Designerin stets eine Herausforderung, Stilrichtungen und Atmosphären bildhaft darzustellen, Schriften und Farben auszuwählen und dabei die Balance zwischen Ästhetik, Funktionalität und Markenbotschaft zu wahren. Vor allem der Auswahl der Bildelemente widmet sie viel Zeit. "Eine Pizza, die auf der Verpackung nicht lecker rüberkommt, würde niemand kaufen", so Sellmann. Bis zu eine Woche dauert es, ehe ein Entwurf steht. "Entwicklungszeiten und -kosten rücken immer mehr in den Vordergrund. Das kann das Arbeiten stressig machen", gibt die Freiberuflerin zu.

Ein Trend im Verpackungsdesign-Bereich ist, dass auch die preisgünstigen Handelsmarken zunehmend anspruchsvoll gestylt werden. "Der Konsument weiß gutes Design immer mehr zu schätzen und schmückt sich gern damit", berichtet Sina Peters, Executive Creative Director der Agentur The Brand Union Hamburg. Zudem sei Deutsches wieder "in". Mit schlicht und wunderschön gestylten Produkten mit bewusst deutscher Note habe sich beispielsweise der Hamburger Feinkostladen Mutterland einen Namen gemacht. Durch den Supermarkt zu laufen und Produkte zu studieren, ist etwas, das Anja Sellmann gern macht. Am liebsten im Ausland. Vor allem in den skandinavischen Ländern sei das Verpackungsbild sehr viel hochwertiger und moderner als in Deutschland, findet sie.