... ein Markentechniker? Er analysiert die Glaubwürdigkeit von Produkten und Werbeversprechen

Hamburg. Milka, Marlboro, Nivea, Lufthansa oder Haribo - sie sind alle erfolgreiche und bekannte Marken. Und wir verbinden sofort bestimmte Attribute, Farben und Vorstellungen mit ihnen. "Das sind alles Vorurteile, hinter die wir Markentechniker schauen", sagt der Markensoziologe Arnd Zschiesche, der zusammen mit seinem Partner Oliver Errichiello das Büro für Markenentwicklung in Hamburg leitet.

Was für den Verbraucher mit Vorstellungen und Träumen von Freiheit, Luxus oder Sicherheit verbunden ist, sehen Markentechniker völlig anders. "Statt die Marke so abstrakt zu sehen, ist sie für uns etwas sehr Konkretes", sagt Zschiesche. "Wir analysieren sie, denn Marke ist kein Leuchtschild auf einem Dach, sondern immer ein sozialer Gesamtzusammenhang." Diesen gelte es zu verstehen und eindeutig zu beschreiben.

Die Analyse dauert etwa sechs Wochen und bricht die Marke auf zwölf bis 15 Erfolgsbausteine herunter. Die Bausteine bilden dann das Gerüst für die weitere Entwicklung des Unternehmens, unter anderem für Marketingabteilung und Werbekampagne. Markentechniker leiten häufig auch den Pitch (den Wettbewerb von Agenturen um den Werbeetat des Unternehmens).

Dass Produkte heute künstlich emotionalisiert werden, egal ob es sich um Schrauben, Automobile oder Lebensmittel handelt, sei das Schlimmste, sagt der Markenexperte. "Es werden einfach irgendwelche Dinge behauptet, und Begriffe wie innovativ und traditionell werden inflationär gebraucht, statt sie mit Inhalten zu füllen."

So sei es besser zu sagen, ein Produkt sei seit 1896 auf dem Markt, anstatt es "traditionell" zu nennen. Entscheidend ist: Jedes positive Vorurteil, das über eine Marke existiert, hat eine konkrete Ursache im Unternehmen. Sie gilt es zu kennen und herauszustellen.

Auch wenn Unternehmen erst wenige Jahre am Markt sind, finden Markentechniker reichlich Material. Die Experten werden zum Beispiel als Berater hinzugezogen, bevor ein Produkt an den Markt geht. "Marken sind kein demokratisches System, in dem man sich kreativ ungehemmt austoben kann", gibt der 38-Jährige zu bedenken. Sie müssen sehr konsequent und zielgerichtet bestimmten Vorgaben genügen.

So sei für das Logistikunternehmen UPS, das für Schnelligkeit stehe, ein Mitarbeiter mit einem Dreitagebart wenig geeignet. Dagegen sei die Größe des Unternehmens und die Zahl seiner Mitarbeiter - ob es 15 oder 1000 sind - für die Analyse zweitrangig.

Für den Markentechniker ist entscheidend, dass Menschen "äußerst behäbige Wesen" sind, die von geliebten Gewohnheiten nicht lassen. Zschiesche: "Wer ein bestimmtes Mineralwasser liebt, den wird keine Verkostung von einem anderem überzeugen können." Dieses Phänomen haben auch viele DDR-Marken bewiesen, die nach der Wende kurz verschwanden, um dann stärker als zuvor zu werden.

"Eine gute Marke ist eine Orientierungsboje in unserer komplexen Welt", sagt Zschiesche. Er kritisiert, dass viele Produkte austauschbar sind. So beanspruchen fast alle das Merkmal "Qualität" für sich.

Eine Markenanalyse sollte die Basis einer Werbekampagne sein. Zschiesche: "Während Werbebudgets Millionen Euro verschlingen, kostet eine Analyse nur einen Bruchteil davon und sorgt dafür, dass das gesamte Unternehmen langfristig in eine Richtung marschiert."