Norddeutsche Personalmanager fordern Abkehr von traditionellen Aufstiegswegen in Unternehmen

Kiel. Bis zu 1000 Teilnehmer erwartet der Bundesverband der Personalmanager (BPM) beim ersten Personalmanagementkongress am kommenden Donnerstag und Freitag in Berlin. Mehr als 700 Fachleute haben im Juni am 18. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) in Wiesbaden teilgenommen. Bringt Größe wertvolle Ergebnisse?

Wer selbst schon einmal an solch großen Tagungen mit Dutzenden von Vorträgen, Diskussionen und Workshops teilgenommen hat, wird berechtigte Zweifel daran hegen. Am Ende bleiben außer Spesen vielleicht ein paar Impulse, die man auch in den einschlägigen Fachzeitschriften nachlesen kann, einige neue Visitenkarten, eine Tasche voller Mappen von Personaldienstleistern und irgendwo im Massentrubel ein paar flüchtige Wiedersehen mit alten Bekannten.

Einen kleineren Ansatz verfolgt der Human Resources Management Campus (HRMC), der im Juni zum neunten Mal durchgeführt wurde, diesmal in Kiel. Seit 2002 treffen sich jährlich rund 40 norddeutsche Personalleiter und Personalentwickler auf Einladung der Beratungsfirma von Studnitz Management Consultants, um zwei Tage lang Fachthemen zu erörtern.

Unter dem Motto "Werte schaffen, schätzen, schöpfen" debattierten die Teilnehmer die wichtigsten Herausforderungen, mit denen die Personalbranche in den kommenden Jahren konfrontiert sein wird.

Der demografische Wandel: Wie reagieren Unternehmen auf die fortschreitende Alterung der Belegschaft? "Personalverantwortliche stehen vor dem Dilemma, dass eine starke Gruppe von 40- bis 50-Jährigen gemeinsam im Betrieb alt wird und dabei die Karrierewege für den Nachwuchs verstopft", erklärte der HR-Berater Dr. Jürgen Albers. "Zugleich müssen Arbeitgeber auch lernen, altersgerechte Arbeitsformen für die Mitarbeiter zu finden. Dazu gehört ein vorausschauendes Gesundheitsmanagement", sagte Albers.

Unternehmenskultur der Zukunft: Wie gestalten Führungskräfte die Arbeitsbedingungen und Karrierewege flexibler und familienfreundlicher? "Das erste Kieler HR-Signal ist die dringend zu lösende Aufgabe, die traditionellen Karrierepfade im Unternehmen deutlich zu erweitern", sagte Veranstalter Andreas von Studnitz: "So muss es einerseits möglich werden, eine Linienführungsposition nach einiger Zeit auch ohne Ansehensverlust wieder abgeben zu können, wenn sich die Prioritäten des Inhabers verschoben haben." Andererseits, betonte von Studnitz, müsse das "unselige Gehaltsmodell ein Ende haben, dass man nur mit einer Führungsposition Aussicht darauf hat, ein höheres Gehalt zu beziehen".

Qualifikation von Führungskräften: Was muss getan werden, damit Führungskräfte nicht nur fachlich und methodisch fit sind, sondern auch über die erforderlichen sozialen und persönlichen Kompetenzen im Umgang mit ihren Mitarbeitern und Kollegen verfügen? Einen wichtigen Impuls für dieses Thema gab Nina Klitzke, Personalreferentin beim Energieversorger EWE AG in Oldenburg, mit ihrer prämierten Diplomarbeit über die Kompetenzen von Führungskräften in Change-Prozessen. Klitzke wurde beim Campus zum HR-Nachwuchs des Jahres gekürt.

Sinkendes allgemeines Bildungsniveau: Ausbilder beklagen seit Jahren die wachsenden Wissenslücken bei den nachrückenden Azubis. Ein Test zur Allgemeinbildung, den das Versicherungsunternehmen Deutscher Ring seit Jahren bei Neueinstellungen kontinuierlich durchführt, belege diesen Trend, bestätigte der Personalentwickler Jörg Stark. Auch die HR-Verantwortlichen seien deshalb gefordert, dem sinkenden Bildungsniveau entgegenzuwirken. Anzustreben, forderte Stark, sei eine Aufnahme wirtschaftlicher Inhalte in die Lehrpläne der Studiengänge für Lehrer, damit die Pädagogen später ihren Schülern die Anforderungen von Unternehmen vermitteln könnten.

Selbstverantwortung der Personalmanager: Business-Partner im Unternehmen? So sehen sich viele Personaler gern. Die Realität sieht in vielen Firmen jedoch anders aus. Personalabteilungen sind oft nur als administrative Platzanweiser tätig, es wird verwaltet statt gestaltet. "Wir Personaler brauchen ein solides Know-how über die Geschäftsprozesse im Unternehmen", forderte Kai Romes, Personalleiter beim Wursthersteller Döllinghareico in Elmshorn.

"Wichtig ist, dass wir nicht die Arbeit der Führungskräfte bei Abmahnungen oder Kündigungen übernehmen. Unsere Aufgabe ist es, dabei zu sein und die Führungskräfte zu beraten", sagte Stephanie Blank, Personalleiterin von GreyLogix in Flensburg. Entscheidend sei, dass die Personalabteilung und die Führungskräfte bei der Auswahl neuer Mitarbeiter von Anfang an zusammenarbeiten würden, erklärte Blank.

Laut Dr. Annett Cascorbi, Professorin für Unternehmensführung an der Nordakademie, laute das zweite Signal des HRMC in Kiel, dass es auf komplexe Themen wie etwa den demografischen Wandel oder die Frage der Unternehmenskultur der Zukunft keine simplen Antworten gebe. "Dass aber Personalmanager die eigene Arbeit, Qualifikation und Rolle im Unternehmen kritisch infrage stellen und überdenken, zeigt doch, dass der gelegentlich erhobene Vorwurf vom ,Elfenbeinturm Personalmanagement' nicht zutrifft."