Serie, Teil 2: Das 1 x 1 der Büropolitik. Wie man die Macken der anderen erkennt und sich dagegen wehren kann

Hamburg. Wir verbringen mit ihnen bis zu 2000 Stunden im Jahr. Wir können ihnen nicht ausweichen. "Die Kollegen sind wie eine Ersatzfamilie: Man hat sie jeden Tag um sich", sagt der Karrierecoach Martin Wehrle aus Jork. "Das ist ein Vergnügen, wenn man sich gut versteht. Und es ist die Hölle, wenn Feindschaft herrscht. Deshalb ist das Verhältnis zu den Kollegen mindestens so wichtig wie das zum Chef."

Doch meistens nerven die Kollegen uns nur. Wer hat nach Feierabend nicht schon seinem Partner daheim von den Macken der Büromitbewohner erzählt? "Mit den Mängeln der Kollegen verhält es sich wie mit der chinesischen Wassertropfen-Folter: Die Wiederholung macht wahnsinnig", erklärt Wehrle.

Ständig nimmt Meyer unseren Kugelschreiber, weil er seinen wieder mal verlegt hat. Und warum muss Frau Schulze immer so laut von ihren privaten Erlebnissen erzählen, dass der gesamte Großraum unfreiwillig mithört? Und warum kaut Schmidt eigentlich seit Jahren matschend auf seinem Kaugummi herum - und zugleich auf den Nerven seiner Kollegin, die im Internet schon recherchiert hat, ob sich Arsen auch in Kaugummis spritzen lässt.

In ihren Seminaren lässt die Berliner Kommunikationstrainerin Meike Müller jene Typen beschreiben, die die Teilnehmer am Arbeitsplatz immer wieder auf die Palme bringen. Sieben Typen werden dabei besonders häufig genannt:

  • Besserwisser und Neunmalkluge
  • Arrogante und Hochnäsige
  • Hinterhältige und Intriganten
  • Aggressive und Choleriker
  • Nörgler und Miesmacher
  • Leidende und Gestresste
  • Quasselstrippen, Phrasendrescher

Nehmen wir zum Beispiel die Nörgler. "Sie sind mit allem und jedem unzufrieden, finden immer ein Haar in der Suppe und reden schlecht über andere", erläutert Meike Müller. Solche Menschen suchten die Schuld gern bei anderen. Aus psychologischer Sicht liegt der Grund für eine solche negative Haltung oft in der Kindheit, die geprägt war von viel Kritik, Zurechtweisung und Nörgelei durch die Eltern.

Die beste Reaktion, empfiehlt Trainerin Müller, sei, solche Typen zu meiden und ihnen gar nicht erst zuzuhören. "Sie stehlen einem die Zeit und schaffen es im Nu, einem die gute Laune zu verderben." Auch gegenüber Quasselstrippen sei es ratsam, keine gesprächsunterstützenden Signale wie "Ja" oder "Hm" zu senden.

Falls das nicht helfe, sagt Müller, sollte man die Kollegen mit Namen ansprechen und ihnen ins Wort fallen. Ein Trick sei, solchen Vielrednern in Meetings nur geschlossene Fragen zu stellen, die mit "Ja" oder "Nein" beantworten werden müssen. Grundsätzlich aber "haben solche Typologien ihre Schwächen", betont Müller. "Es ist realitätsfern, Menschen auf eine einzige Eigenschaft zu reduzieren und in Schubladen zu stecken." Dennoch könne es hilfreich sein, Verhaltensweisen zu erkennen und sich so eine gute Strategie für den Umgang mit Kollegen zu erarbeiten.

Auf einen anderen Aspekt weist Martin Wehrle hin: "Wer sich über seine Kollegen ärgert, sollte nie vergessen: Er hat nicht nur Kollegen - er ist auch ein Kollege. Was tragen Sie dazu bei, dass Ihre Kollegen tun, was sie tun, sind, wie sie sind? Manchmal reicht es, das eigene Verhalten zu verändern - und schon werden die vermeintlich bösen Kollegen umgänglicher."

Lesen Sie am nächsten Wochenende: Teil 3 - Worauf Sie beim Mittag und Afterwork achten sollten