Top im Job: Wie wir gekonnt auf Veränderungen am Arbeitsplatz reagieren, verrät Jacqueline Groher

Beim Thema Wandel am Arbeitsplatz kommt Führungskräftetrainerin Jacqueline Groher gerne auf das Bild vom Zug zu sprechen. Der Lokführer hat längst Platz genommen, für ihn ist die Strecke klar. Aber die Mitarbeiter auf dem Bahnsteig haben noch Fragen: Ob die Zusammensetzung im Abteil die alte bleibt, wirklich alle mitreisen und noch Platz ist für ihre persönlichen Fähigkeiten beispielsweise. Unausgesprochen fragen sie sich auch, ob sie dem Lokführer da vorne vertrauen können, und bleiben im Zweifel lieber zurück.

Damit es nicht so weit kommt, rät Jacqueline Groher, Gefühle, die mit Veränderungen einhergehen, zu akzeptieren: "Alle Emotionen sind okay." Die Diplom-Betriebswirtin unterscheidet sechs Phasen, die einen Veränderungsprozess ausmachen. Am Anfang steht meist ein Gerücht, eine Sorge oder die Vorahnung: An unserem Arbeitsplatz wird sich etwas verändern. Dann kommt die Fusion tatsächlich, eine Umstrukturierung wird angekündigt oder ein neuer Chef mit völlig neuen Ideen tritt an. "Was für ein Schock!", durchzuckt es uns, und wir reagieren mit Abwehr und Aggression. "Wir wollen nicht wahrhaben, dass die Veränderung unausweichlich ist", sagt Groher. Sie rät Führungskräften in dieser Phase zu besonders viel Empathie. "Die Chefs sollen für Klarheit und Transparenz sorgen, aber gleichzeitig respektvoll und wertschätzend mit den Mitarbeitern umgehen." In der dritten Phase der Veränderungskurve gewinnen Gefühle wie Resignation und Trauer die Oberhand. "Psychologen sprechen von der rationalen und emotionalen Akzeptanz", erklärt Groher. "Wir merken, dass wir den Zug nicht aufhalten können." Die Beraterin nennt es das "Tal der Tränen", das durchschritten werden muss, um sich für das Neue zu öffnen. Konkrete Aufgabenstellungen auf dem Weg in den neuen Berufsalltag wirkten unterstützend und seien "der Schlüssel zur Akzeptanz".

Die vierte Phase ist die Veränderungskurve. Die Fakten sind jetzt rational und bewusst. Schließlich werden neue Einstellungen und Verhaltensweisen in einer fünften Phase ausprobiert und gelernt, bevor sie abschließend in Phase sechs zur Gewohnheit werden: "Jetzt ist die Weiterentwicklung deutlich erkennbar und wird auch vom Umfeld wahrgenommen", sagt Groher, die selbst schon einige berufliche Veränderungen durchgemacht hat: von Nürnberg an die Elbe, von der Rennfahrerin zur Geschäftsführerin, von der Trainerin zur Rednerin. Gelungen sei der Wandel jeweils am besten, wenn es ein großes, starkes Bild gab: "Wenn wir sehen, dass am anderen Ende des Tunnels die Sonne scheint, überwinden wir die dunkle Passage viel leichter." Weiterhin helfe die Bewusstmachung, in welcher Phase der Veränderungskurve man sich selbst gerade befindet und wo das Umfeld steht. "Wenn Sie sich mit dem Thema schon lange beschäftigt haben, sind Sie weiter als Ihre Mitarbeiter oder Kollegen und sollten diese führen."

Schließlich sei es wichtig, sich die unterschiedlichen Rollen im Veränderungsprozess vor Augen zu führen. Groher nennt da vor allem fünf Typen: den Motivator, den einfühlsamen Kommunikator und den Orientierung gebenden Strategen. Ebenso wichtig sind der Umsetzer, der sofort die To-do-Liste abarbeitet, und der Visionär, der ganzheitlich über die nächsten Wochen hinausblickt. "Unternehmen brauchen alle diese Typen", betont die Trainerin. Die Kunst der gekonnten Veränderung bestehe aber darin, jeden auf die richtige Stelle zu setzen und allen Zeit zu lassen, die neuen Arbeitsabläufe einzuüben. "Veränderung braucht Zeit, das geht nicht auf Knopfdruck."