Top im Job: Coach Simone Marwede erklärt, wie man ein Gleichgewicht von Job und Freizeit erreicht

"Heute kennt doch jeder jemanden, der an Überlastung leidet oder schon ausgebrannt ist", sagt Simone Marwede, Trainerin für Kommunikation und Persönlichkeit. Dorthin geraten die Kollegen, weil sie nicht genug auf sich selbst geachtet haben, ist die Personalentwicklerin überzeugt.

Achtsam sich selbst gegenüber zu sein heißt für den Anfang: sich die richtigen Fragen zu stellen. "Wie ist mein Leben und wie fühlt es sich an?" Simone Marwede, die auf Sylt lebt und arbeitet, fordert ihre Klienten oft auf, sich erst einmal diese Fragen zu beantworten. "Viele haben einfach noch keinen Namen dafür, aber sie fühlen Stress, merken, dass sie nicht mehr so gut gelaunt sind, laufen ihren Terminen hinterher", sagt sie.

Dass die Work-Life-Balance aus dem Lot ist, merke man auch daran, dass man ständig ein schlechtes Gewissen hat. "Das Gefühl, ich reiche nicht aus, macht sich breit", sagt die Diplom-Psychologin.

Diese Gefühle sind Warnzeichen: "Wird die Disbalance größer, können auch Schlafstörungen, das Nicht-mehr-abschalten-Können oder Tinnitus zu den Symptomen gehören." Oft werden Beschwerden sogar erst einmal kleingeredet: "Es ist eben Hochsaison, die geht auch wieder vorbei", sei eine beliebte Erklärung gestresster Berufstätiger. Oder es werde die Schuld auf die gerade nicht gut laufende Partnerschaft geschoben. "Wenn man tiefer gräbt, funktioniert das aber oft nicht mehr als Erklärung. Der Partner oder die Partnerin ist gar nicht das eigentliche Problem."

Erster Schritt in Richtung einer Work-Life-Balance: überprüfen, wo hinein man seine Zeit und Energie überhaupt steckt. Marwede: "Es gibt vier Felder: Leistung und Beruf, Körper und Gesundheit, Soziales und Beziehungen sowie Sinn und Werte."

Die meisten Menschen stecken den Großteil Zeit und Energie in ihren Job

Sind die Bereiche "gefühlt" in der Waage, ist man ausgeglichen und die Chancen für Zufriedenheit und Erfolg stehen gut. "Die meisten Menschen sagen aber, dass ihr Schwerpunkt im ersten Feld, dem Job, liegt", so die Erfahrung der Trainerin. Erst einmal sei das auch nicht schlimm. "Aber wenn es inneren Leidensdruck verursacht, sollte man etwas ändern."

Schritt zwei sind Maßnahmen, um die vier Felder (wieder) in Harmonie zu bringen. "Die Maßnahmen entstehen schon dadurch, dass ich mir bewusst mache, worauf ich bislang den Fokus gesetzt habe", sagt Simone Marwede. "Wenn Sie jeden Abend erst um 21 Uhr zu Hause sind - welchen Effekt hat das auf die Familie, auf Ihre körperliche Fitness und auf die Freude am Leben?", fragt sie ihre Klienten zum Beispiel. "Solche Fragen setzen Nachdenken und Veränderung in Gang." Etwa die Betrachtung des Körpers: "Viele sehen in ihm nur den Erfüllungsgehilfen", sagt Marwede. Pflege - also Sport, Ausgleich, Ruhe - braucht er (noch) nicht, so oft die Meinung.

Ein guter Start in Richtung Work-Life-Balance ist für Marwede die Pause. "Das ist die kleinste Einheit, die man sich aber unbedingt gönnen sollte." Das muss nicht immer ein Spaziergang sein: "Ich kenne eine Firma, in der sich drei Kollegen mittags zum Jammen, zum gemeinsamen Musikmachen, treffen", erzählt Marwede. "Für sie ist das genau das Richtige, um aufzutanken."

Die Trainerin rät auch dazu, den Feierabend mit einer Zäsur zu beginnen - egal ob das die Joggingrunde oder ein Ritual beim Verlassen der Firma ist. "Das ist ein elementarer Schritt", sagt Simone Marwede. Unter Pause machen versteht sie aber ebenso die Pause von allem: "Einer meiner Klienten klinkt sich jeden ersten Freitag im Quartal für einen halben Tag aus. Dann fährt er ans Meer oder setzt sich allein mit einem Buch in ein Café. So findet er wieder ins Gleichgewicht."