Ein Kommentar von Jon Christoph Berndt

Wer im Berufsleben spurtstark unterwegs ist, muss ständig kantig entscheiden und seine Positionen immer wieder kompromissfrei vertreten. Viele Karriereleute tun das mit Inbrunst. Dass sich dann jedoch gelegentlich ein Weg als der falsche, eine Entscheidung als unrichtig herausstellt, liegt in der Natur der Sache: Wer macht, macht Fehler.

Nicht schlimm, sofern sie dann genauso inbrünstig zugegeben und in all ihren Konsequenzen vertreten werden. Das allerdings tun nur wenige. Die meisten lauten Fehlermacher werden stattdessen lieber über Nacht zu leisen Unter-den-Teppich-Kehrern, und solch eine Verwandlung erscheint uns allen dann regelmäßig so wundersam wie unverständlich.

Der Chefredakteur der "Zeit", Giovanni di Lorenzo, macht in seinem Berufsleben vieles gut und richtig; aber eben auch nicht alles: Sein Interview-Buch "Vorerst gescheitert" mit Karl-Theodor zu Guttenberg war Ende vergangenen Jahres verheerend angekommen. Es herrschte die Meinung, solch ein Buch käme viel zu früh, di Lorenzo sei sogar der Steigbügelhalter des Barons auf dem Weg zurück ins Rampenlicht. Damals noch bezeichnete er die Kritik als "scheinheilig" und wollte nicht erkennen, was da schiefgelaufen sein könnte.

Inzwischen jedoch herrscht Klarheit. Giovanni di Lorenzo hat den klaren Schritt zurück nach vorn gemacht und jüngst bekannt: "Das Buch war ein Fehler, den ich bereue." Was ihn damit von vielen anderen unterscheidet, ist die Einsicht, dass "man als Journalist nicht den Tugendbold spielen darf, ohne jemals über die eigenen Fehler zu reden".

Als Journalist darf man das nicht, als normaler Mensch genauso wenig: Wer - gern nach einer angemessenen Zeit der Reflexion - zu der Ansicht gelangt, dass eine Tat, ein Wort, eine Unterlassung schlicht und ergreifend falsch war, sollte sich nicht grämen. Es passiert allen, landauf, landab, jeden Tag. Er sollte jedoch den Mut haben, die Sache klar und deutlich und ohne Wenn und Aber richtigzustellen.

Hier sind für den, der derart handelt, viele emotionale Punkte zu machen - beim eigenen Gewissen genauso wie bei Kollegen und Arbeitgebern. Das vergessen die bestimmt genauso wenig wie alles andere, was als Flurfunkfutter dienlich ist. Und wer dann meint, das Eingeständnis eines Fehlers sei eine Schwäche, dem sei hiermit mitgeteilt, dass solch eine Schwäche nichts Feineres ist als die neue Stärke.

Jon Christoph Berndt ist Markenexperte, Management-Trainer und Keynote-Speaker. www.human-branding.de