Top im Job: Kollegen stören, Chaos auf dem Schreibtisch - Coach Lilo Endriss über Selbstorganisation

"Wenn ich nach einer Unterlage oder einem Werkzeug länger als ein, zwei Minuten suchen muss, dann stimmt etwas mit meiner Ablage nicht", sagt Lilo Endriss. Die Managementtrainerin kennt die Zeitdiebe in Unternehmen und Betrieben.

Vier große Gruppen gebe es. Zum einen sind das Betriebsabläufe, die nicht optimal sind. Wenn zum Beispiel ein Lieferant erst mittags statt morgens erwartete Ware bringt, stört das den gesamten Arbeitsfluss. Zum anderen werden Mitarbeiter auch von der eigenen Arbeitsorganisation behindert - wie besagter chaotischer Ablage. Auch schlechte Kommunikation, etwa Kollegen, die ständig unterbrechen, sowie die "innere Haltung" jedes Mitarbeiters können Zeit fressen. "In den Bereich innere Haltung gehört zum Beispiel der Wunsch, auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen", sagt Endriss. "Man verliert den Überblick, Multitasking funktioniert nicht."

Was tun? Betriebsabläufe zu verbessern, ist Sache des Managements. Da Mitarbeiter aber oft die besten Ideen einbringen, wäre es gut, sie danach zu fragen. "Dazu eignen sich Teamtage", sagt Lilo Endriss. "Dabei kann man erfahren, was den Beschäftigten einfällt, um die Arbeit zu vereinfachen."

Gegen Kollegen, die zu oft zum Plaudern aufgelegt sind, kann nur jeder Einzelne selbst etwas tun. Zum Beispiel mit so einem Satz: "Ich sitze gerade ganz konzentriert an Arbeit xy. Lassen Sie uns in der Mittagspause weiter darüber sprechen." Ein Nein könne man auch nett verpacken, sagt Lilo Endriss. "Oder einfach mal die Tür zumachen und den Anrufbeantworter anstellen."

Viele Menschen hätten das Gefühl, ständig erreichbar sein zu müssen. Endriss: "Doch auch die Familie sollte nur in Notfällen anrufen. Man muss klare Regeln vorgeben." Unterbrechungen seien ohnehin einer der schlimmsten Zeitfresser. "Wenn man drei Anläufe für eine Aufgabe braucht, sich immer wieder neu konzentrieren muss, verbraucht das unnötig viel Energie."

Zeit und Energie verschwenden Mitarbeiter auch, wenn sie versuchen, im Leistungstief schwierige Aufgaben zu erledigen. "Es ist darum gut, seine eigene Leistungskurve zu kennen", sagt Endriss. "Aber egal ob Nachteule oder Morgenmensch - bei allen ähnlich ist das Mittagstief. Darum versuche ich, mich in dieser Zeit besser nicht an einer kreativen Aufgabe, sondern arbeite vielleicht einfach nur E-Mails ab." Die Trainerin rät auch dazu, öfter einmal zu überlegen, ob eine Arbeit überhaupt gemacht werden muss - also nach dem Sinn zu fragen. Außerdem prüfen: "Muss ich das wirklich selbst tun, und muss das sofort sein?" Auch dadurch könne man häufig Zeit sparen: Wenn Aufgaben, die wirklich nicht dringend sind, in eine Zeit verschoben werden, zu der ohnehin Flaute herrscht.

In Teams gilt oft das Meeting als Zeitfresser. "Sitzungen werden effizienter, wenn sie von vornherein zeitlich begrenzt sind und vorab eine klare Agenda aufgestellt wird", sagt Managementtrainerin Endriss. "Außerdem sollte jemand die Sitzung moderieren und darauf achten, dass die Redezeiten eingehalten werden."

Auch unklare Absprachen könnten Teams in ihrem Arbeitsfluss behindern, erklärt die Expertin. "Denn dann entstehen Missverständnisse und Verzögerungen." Beispiel: "Bringen Sie mir mal Unterlage xy." Das sei zu wenig konkret, sagt Lilo Endriss. "Das Wann fehlt." Bei komplizierten Sachverhalten sollte sogar noch einmal nachgefragt werden, wie die Anweisung verstanden worden ist. "Denn später hinter etwas herzutelefonieren ist ein ganz extremer Zeitdieb", sagt Lilo Endriss.