Die Leserfrage: Ich war acht Jahre bei einer Versicherungsagentur beschäftigt. Jetzt will ich mich in der Branche selbstständig machen. Darf ich meine alten Kunden anschreiben?

Das sagt Rechtsanwalt Christian Wieneke-Spohler: Während des Arbeitsverhältnisses unterliegen Sie einem gesetzlichen Wettbewerbsverbot, auch wenn es hierzu keine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag gibt. Sie dürfen in dieser Zeit keine Kunden des Arbeitgebers auf Ihre zukünftige Selbstständigkeit ansprechen. Erlaubt sind ausschließlich "Vorbereitungshandlungen". Sie dürfen Ihre Selbstständigkeit also lediglich planen, damit aber noch nicht nach außen auftreten.

Ist das Arbeitsverhältnis beendet, können Sie grundsätzlich Ihrem bisherigen Arbeitgeber Konkurrenz machen und sogar an die bisherigen Kunden herantreten. Auch der Hinweis auf Ihre ehemalige Position als Kundenberater ist erlaubt. Jegliche Bemühung des Arbeitgebers, Ihren Kontakt zu Kunden in Form einer Kundenschutzklausel einzuschränken oder eine Konkurrenztätigkeit zu verbieten, stellt ein "nachvertragliches Wettbewerbsverbot" dar. Dies ist nur unter bestimmten Umständen gültig, geregelt durch die §§ 74 ff HGB (Handelsgesetzbuch). So gilt das Wettbewerbsverbot nur, wenn es schriftlich vereinbart wurde - zum Beispiel im Arbeits- oder Aufhebungsvertrag - und wenn die die Zahlung einer Karenzentschädigung enthalten ist.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, müssen Sie sich an das Verbot nicht halten. Selbst die geläufige Vertragsklausel, dass der Arbeitnehmer keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse verwerten darf, bedeutet nur, dass Sie Kundendaten nicht veräußern dürfen, nicht aber, dass Sie die Kunden Ihres ehemaligen Arbeitgebers nicht aktiv umwerben dürfen (BAG, Urteil vom 16.8.1988, 3 AZR 664/87).

Unser Autor Christian Wieneke-Spohlerist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Im Internet unter www.martens-vogler.de