Als Videojournalistin recherchiert Volontärin Sofia Velasquez Geschichten über Hamburg und bringt sie selbst auf den Bildschirm

Sofia Velasquez ist neugierig: Auf Menschen, auf unbekannte Ecken und Winkel der Hansestadt - und sie kann sich begeistern. Die erste Eigenschaft ist Voraussetzung für ihren Beruf, die zweite kann manchmal hinderlich sein.

Sofia macht ein Volontariat bei Tide, dem Hamburger Stadtsender für Rundfunk und Fernsehen, der auf dem Kunst- und Mediencampus Hamburg seinen Sitz hat. Im März wird sie ihr Volontariat beenden und danach als freie Videojournalistin arbeiten.

"Eigentlich habe ich mehrere Berufe in einem", sagt die 22-Jährige, die aus der Nähe von Bremen stammt. "Wir recherchieren unsere Geschichten selbst, schreiben die Texte und redigieren, stehen hinter der Kamera und schneiden den eigenen Beitrag schließlich am Computer mithilfe des Programms Avid. Zum Schluss moderieren wir im Studio und fahren die Sendung zusammen." So sind viele von Sofias Beiträgen bei "Hamburg immer anders" erschienen. Es sei ein Job, der neben dem technischen Wissen Flexibilität und gute Konzentration voraussetzt, denn bei einem Interview läuft die Kamera mit. "Wir müssen somit auf den Inhalt der Antworten achten und zugleich das Visuelle im Blick behalten", sagt Sofia. Ein Videojournalist braucht viele gute Ideen für Geschichten. Er muss mit offenen Augen durch die Stadt gehen, denn überall kann sich eine gute Geschichte verstecken. Ein anderer Blickwinkel ist dabei oft hilfreich.

So hat Sofia für einen Bericht über das Filmfest eine Nacht lang die Gästebetreuerin begleitet statt auf dem roten Teppich Schlange zu stehen. Insgesamt 18 Stunden Material hat sie im vergangenen Jahr in Chicago abgedreht, als sie mit einem Kollegen zusammen dort Hamburger Jugendliche zwischen 16 und 20 begleitet und gefilmt hat - in Museen, beim Sport. Daraus werden 14 Minuten Reisetagebuch. Magazinbeiträge sind mit drei bis acht Minuten noch kürzer. Spricht die junge Frau über ihre Arbeit, spürt man ihre Begeisterung und ihr Engagement - auch für politische Fragen. "Wir waren in Chicago auf einer Occupy-Demo, kurz darauf ging es auch in Hamburg mit Aktionen los." Die Volontärin darf ihr Engagement bei der Arbeit nicht zu deutlich zeigen, denn die Beiträge sollen informieren, und dafür braucht es eine gewisse Distanz zum Thema. Das fällt der dunkelhaarigen zierlichen Frau nicht immer leicht. Wie zu Beginn, als sie während ihres dreimonatigen Praktikums einen Beitrag zum deutschen Asylgesetz machte. "Auch wenn dir ein Thema unter den Nägeln brennt, musst du objektiv und sachlich bleiben." Und noch etwas ist Sofia klar: Journalisten haben eine große Verantwortung, denn Medien können viel bewirken, im Positiven wie im Negativen."

Der Ton beim Sender ist locker und kollegial, man hilft sich gegenseitig. Die meisten Praktikanten und Volontäre sind Mitte zwanzig und haben studiert. Dass auch ältere Kandidaten ihren Weg in den Videojournalismus finden, zeigt der 32-jährige Kollege von Sofia, der nach seinen Anthropologiestudium und einigen Berufsjahren etwas anderes machen wollte und bei Tide ein Volontariat begann. Wie Sofia, die nach 13 Jahren Schulzeit zunächst 2009 bei einem Online-Verlag in Ottensen während eines Praktikums beim Schreiben und Bearbeiten von Videos für den Beruf Feuer fing. "Ich wusste, das will ich machen und habe mich bei Tide beworben. Damals hatte ich hier noch keine Wohnung und pendelte immer zwischen Bremen und Hamburg."

Praktikanten lernen in einem einwöchigen Chrashkurs bei Tide, wie Fernsehen funktioniert, und produzieren danach bereits eigene Beiträge, die auf Sendung gehen. Volontäre unterstützen sie dabei. Weil Sofia ihr Praktikum gut machte, bot TV-Leiter Kolja Hoock ihr ein Volontariat an. Während der zweijährigen Ausbildung belegen Volontäre 15 Kurse bei der Tide-Akademie, darunter zehn Pflichtkurse.

Dass sie für gute Beiträge häufig abends und am Wochenende arbeiten muss, schreckt Sofia nicht. "Ich lerne viele interessante Menschen und Orte kennen. Der Kritik, Videojournalisten können alles, nur nichts richtig, entgegnet Sofia: "Es schadet auch einem Redakteur nicht, zu wissen, wie eine Kamera funktioniert."