Welche Spielregeln sie beherzigen sollten, wenn sie nach oben wollen, erklärt Businesscoach Gabriele Traude-Stopka

Die ehemalige Vorstandsfrau der Douglas-Gruppe rät Frauen, einen Karriereplan aufzustellen und bei den Entscheidern von sich reden zu machen.

Hamburger Abendblatt:

In Deutschland sind drei Prozent der Vorstandsmitglieder Frauen. Könnten es mehr sein?

Gabriele Traude-Stopka:

In Deutschland sind etwa 50 Prozent der Hochschulabsolventen weiblich. Qualifizierte Frauen sollten also ausreichend vorhanden sein. Ich halte 30 Prozent langfristig für machbar.

Warum sind es zurzeit noch so wenige?

Traude-Stopka:

Zum einen gibt es zu wenige Netzwerker unter den Frauen. Sie suchen nicht genug nach Unterstützern oder finden sie in ihren Unternehmen vielleicht nicht. Gemeint sind Förderer, die den Mut haben, eine Frau fürs Management vorzuschlagen. Zum anderen formulieren Frauen nicht immer klar und an den richtigen Stellen ihre Ziele. Dementsprechend ist es nicht so im Bewusstsein der Entscheider, dass da eine Frau ist, die weiterkommen will und die die nötige Kompetenz mitbringt.

Was raten Sie gut ausgebildeten Frauen, die nach oben wollen?

Traude-Stopka:

Die Basis ist Fachkompetenz, Engagement, Leidenschaft und Einsatzbereitschaft. Wenn man schon etwas weiter ist, kommt Führungskompetenz hinzu. Dann ist der nächste Schritt: Karriereplan aufstellen. Den muss ich in meiner Schublade haben! Darin setze ich mich damit auseinander, was ich will. Wie komme ich dahin? Bin ich für meine Pläne im richtigen Unternehmen? Kann es mir Möglichkeiten bieten oder sitzen da lauter 40-jährige frisch gewählte Vorstände, sodass ich wohl 20 Jahre warten muss, um zum Zug zu kommen? Wichtig ist auch, sich Unterstützung von Mentoren oder Coaches zu suchen - innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Und dann geht es darum, meine Bestrebungen an den geeigneten Stellen klar zu kommunizieren und mich bei den Entscheidern bekannt zu machen.

Wie kommt man an die Leute ran?

Traude-Stopka:

Ich überlege, welches Thema aus meinem Bereich für sie wichtig sein kann und suche mir Bühnen. Eine Firmenveranstaltung zum Beispiel, auf der ich zwischen den Vorträgen Gespräche führe. Oder ich übernehme ein Projekt, von dem ich weiß, dass das Ergebnis bei den Entscheidern vorgestellt wird. Oder ich hole mir einen Termin und trage eine Idee vor - abgestimmt mit dem direkten Vorgesetzten. Man muss individuell gucken, was möglich ist. Und natürlich muss man den Mut haben, in großen Runden etwas zu sagen. Frauen sind oft zu zurückhaltend. Sobald mehr als zehn Leute dabei sind, wagen sie es nicht, vorzupreschen und ihre Meinung zu äußern.

Welche Fähigkeiten braucht man, um im Vorstand tätig sein zu können?

Traude-Stopka:

Neben Fachkompetenz ist das vor allem Kommunikationsgeschick. Man sollte sich auch mit Kommunikationsunterschieden zwischen Männern und Frauen auskennen. Frauen sind oft sachorientiert, arbeiten sofort an der Lösung. Auf der Managementebene gelten andere Spielregeln. Oft wird nicht gleich am Anfang mit Lösungsideen gearbeitet. Man tastet sich heran, gleicht ab, wer was meint. Dann werden geschickt nach und nach Lösungen eingespielt. Auch Status ist für männliche Führungskräfte ein Thema. Wer redet in Sitzungen am meisten? Wer hat das letzte Wort? Diese Rituale müssen Frauen kennen und sich ihnen in gewissem Maße anpassen.

Männer reden um den heißen Brei?

Traude-Stopka:

Genau. Sie sagen erst mal, man könnte so oder so an das Thema herangehen - um dann später auf den Punkt zu kommen, auf den sie eigentlich hinauswollten. Nämlich erst zu dem Zeitpunkt, an dem sie die volle Aufmerksamkeit haben. Die ist am Anfang nicht da, weil alle erst einmal abschätzen wollen, wer wie tickt.