Top im Job: Unternehmensberaterin Susanne Triebs-Lindner erklärt, wie Potenzialanalysen ablaufen

Wer vom (möglichen) Arbeitgeber zur Potenzialanalyse eingeladen wird, ist meist auf dem aufsteigenden Ast. Derart unter die Lupe genommen werden etwa interessante Kandidaten bei der Stellenbesetzung. "Oder es geht um die Teilnahme an internen Förderprogrammen wie Mentoring", sagt Susanne Triebs-Lindner, Mitinhaberin des Beratungsunternehmens Potentialhoch2.

Potenzialanalysen kommen allerdings auch bei Outplacements, also der Vermittlung von gekündigten Mitarbeitern, zum Einsatz. "Inzwischen bieten das viele Arbeitgeber ihren ausscheidenden Beschäftigten an", sagt Triebs-Lindner. Ähnlich wie privat finanzierte Potenzialanalysen, die jeder Interessierte bei einem Coach oder einer Beratung absolvieren kann, geht es da vor allem um die Fragen: Wohin möchte ich mich in Zukunft bewegen? Wo sind meine Qualitäten gefragt?

Potenzialanalysen beruhen auf der Selbsteinschätzung des Teilnehmers und werden heute meist online gemacht. Der Mitarbeiter erhält ein Passwort, mit dem er Zugang zu den Fragen hat. "100 bis 250 Fragen sind es meist", sagt Susanne Triebs-Lindner. "Manchmal noch mehr." Vertraulichkeit ist ein Muss, ebenso eine gute Vorbereitung durchs Unternehmen. "Die Teilnehmer müssen umfassend informiert werden, was sie zu erwarten haben." Fehlt das, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die Befragten sich verweigern.

Inhaltlich geht es darum zu ermitteln, welche Kompetenzen die jeweilige Person hat. Mitunter soll geprüft werden, ob sie eine bestimmte Position ausfüllen kann, in anderen Fällen, welches Karrierepotenzial sie überhaupt mitbringt. "In Leistungstests wird zum Beispiel abgeprüft, wie es um die mathematischen oder kaufmännischen Fähigkeiten steht", erklärt die Psychologin.

"Es werden auch Intelligenztests gemacht. Die meisten Verfahren beschäftigen sich aber mit der beruflichen Persönlichkeit des Teilnehmers." Da geht es zum Beispiel um Teamorientierung, Durchsetzungskraft, Kontaktfreudigkeit oder Führungsstärke. "Ich verzichte zur Beschreitung eigener Wege auf Rückhalt durch andere" könnte eine der Aussagen sein. Oder: "Ich kämpfe für meine Überzeugung, auch wenn ich Nachteile in Kauf nehmen muss." Der Grad der Zustimmung wird angekreuzt. Sicher könne man dabei "schummeln", sagt Susanne Triebs-Lindner. "Indem man Antworten gibt, die einem sozial erwünscht erscheinen." Aber davon rät sie dringend ab. "Eventuell erreicht man dann extreme Ergebnisse - nur weil man bemüht war, sich besonders engagiert zu zeigen."

Wer aber übers Ziel hinausschießt, muss sich beim Feedback kritische Fragen anhören. "Antworten Sie lieber frei von der Leber weg, ganz authentisch", sagt Triebs-Lindner. "Bei den Antworten gibt es kein richtig oder falsch. Wer aber versucht, sein Ergebnis zu beeinflussen, landet womöglich auf einem Platz im Unternehmen, wo er nicht hingehört und sich auch nicht wohlfühlt."

Jeder Potenzialanalyse muss ein Auswertungsgespräch folgen. "Dabei gibt man dem Mitarbeiter die Möglichkeit, auf seine Ergebnisse zu reagieren", sagt Triebs-Lindner. "Ob er sich darin wiederfindet und wie er die Aussagen selbst beurteilt, geht dann wiederum in die abschließende Analyse ein." Wichtig für den Mitarbeiter sei, dass das Unternehmen mit der Potenzialanalyse auch etwas anfängt, sagt die Psychologin. "Welche Aufgaben kann man für den Mitarbeiter ins Auge fassen? Welche Weiterbildungen braucht er? Gibt es im Unternehmen einen bessere Position für ihn?" Das seien dann die Themen fürs nächste Personalgespräch.