Berufsporträt: Fahrlehrerin Kerstin Meyer braucht außer Fachwissen auch ein Händchen für die Befindlichkeiten ihrer Schüler

Schlaflose Nächte und Schweißausbrüche- Autofahren ist nicht für jeden Anfänger ein Vergnügen. Einige packt regelrecht die Angst, noch bevor sie am Steuer sitzen. Fahrlehrer haben es dann nicht leicht, weiß Kerstin Meyer.

Seit zwölf Jahren arbeitet sie als Fahrlehrerin, vor gut sieben Jahren hat sie in der Hamburger Frauenfahrschule angefangen, wo sie gemeinsam mit drei weiteren Fahrlehrerinnen das Know-how für den Führerschein vermittelt. "Wir haben bei unseren Schülerinnen einen Altersdurchschnitt von 30 Jahren", sagt die 47-Jährige. Frau, etwas älter und Führerschein - da seien Unsicherheiten häufig programmiert. Nicht selten gehe es bei ihrer Klientel um Auffrischungsstunden wegen fehlender Fahrpraxis. Aber auch 18-Jährige melden sich bei ihr an. "Wer zu uns kommt, trifft in der Regel die bewusste Entscheidung, das Autofahren bei einer Frau zu lernen", sagt Meyer. Schließlich seien Fahrlehrerinnen immer noch relativ selten.

"Die Inhalte unserer Stunden sind aber die gleichen wie anderswo", sagt Kerstin Meyer, die ihre Schüler ausschließlich auf den Führerschein für Pkw vorbereitet. "In der ersten Stunde erkläre ich das Auto", sagt Kerstin Meyer. Dann geht es auf die Straße. Später lässt sie ihre Schüler oft im Prüfungsgebiet üben. "So können sie sich mit den Besonderheiten vor Ort vertraut machen", sagt die Fahrlehrerin.

Zuerst kommt das Rechtsabbiegen dran, dann Linksabbiegen. Und solange der Spurwechsel nicht sitzt, ist die Autobahn tabu. "Ich will aber kein Programm abreißen, ohne Rücksicht auf die Person", sagt Meyer. Guter Fahrunterricht erfordere Fingerspitzengefühl, sagt sie. In den vergangenen Jahren habe sich der Fahrlehrerjob mehr und mehr von einem technischen zu einem pädagogischen Beruf gewandelt. Etwa zehn Fahrschülerinnen betreut Meyer parallel: "Dabei muss man sich immer wieder schnell auf andere Charaktere einstellen können."

Auch die Schwachpunkte im Fahrvermögen der jeweiligen Schüler können sehr unterschiedlich ausfallen. Einige haben anfangs Schwierigkeiten, das Verkehrsgeschehen und alle Schilder gleichzeitig wahrzunehmen, andere würgen den Motor ab, wenn ein Fahrradfahrer nur von Weitem am Horizont zu erkennen ist. Wer zu kopflastig fährt, habe es ohnehin eher schwer, da das die nötige Lockerheit blockiere, sagt die Fahrlehrerin.

Für manche reiche es, in der ersten Stunde das Anfahren zu üben. Andere könnten gleich relativ sicher ein Fahrzeug durch den Verkehr steuern. "Einigen, die sich schwertun, mehrere Aktionen parallel auszuführen, empfehle ich aber den Automatik-Führerschein", sagt Meyer. Oder auch autogenes Training - bei Angst vor der Führerscheinprüfung.

In den Fahrstunden kontrolliert Kerstin Meyer mit den Schülerinnen auch, ob der Zustand des Fahrzeugs in Ordnung ist, etwa ob die Beleuchtung funktioniert, der Ölstand stimmt und das Scheibenwischwasser aufgefüllt ist. "Schließlich trage ich die Verantwortung, dass der Wagen verkehrssicher ist", sagt Meyer. Und dieses Verantwortungsbewusstsein gelte es auch, an die Schüler weiterzugeben.

Egal zu welcher Uhrzeit sie im Fahrschulauto sitzt - unkonzentriert oder unaufmerksam darf sie dabei nicht sein. "Es kann immer passieren, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer plötzlich überholt und rüberzieht", sagt Meyer. "Ich muss die Situation immer unter Kontrolle haben und bereit sein, sofort einzugreifen", sagt Kerstin Meyer, die vom Beifahrersitz dann schon mal scharf auf das Bremspedal tritt. Mit den Jahren entwickle man ein besonderes Gespür für brenzlige Situationen, sagt sie.

Ihre Arbeitszeit passt sie flexibel an. Zwischen 8 Uhr morgens und im Sommer bis 24 Uhr gibt sie Fahrstunden, um auch die Nachtfahrten abdecken zu können. Zwischendurch hat sie immer wieder Stunden oder einen ganzen Vormittag frei.

Weil Autofahren nicht nur Kuppeln, Gas geben und Bremsen bedeutet, gibt Meyer zweimal wöchentlich Theorieunterricht in der Fahrschule. In der Runde erklärt sie das richtige Verhalten im Verkehr, Verkehrsschilder, rechtliche Bestimmungen und wie das Auto funktioniert. Ihr Anspruch: "Man muss auch trockenere Theorieteile interessant erklären können", sagt Meyer. Dabei sei auch ein gewisses Talent zur Unterhaltung hilfreich, um den Unterricht mit ein paar launigen Geschichten aufzulockern.

Zudem gehört natürlich auch einiges an Büroarbeit zum Berufsalltag: Rechnungen schreiben, Gespräche mit Interessenten führen - und Schüler zur Prüfung anmelden. "Wenn ich dann am Ende mit der Schülerin zum Prüfer fahre, fiebere ich jedes Mal mit", sagt Meyer. Schließlich schaffe die intensive Zeit hinterm Steuer eine gewisse Verbundenheit.