Ein Kommentar von Sabine Asgodom

Woran erkennt man Menschen, die einen niedrigen Selbstbestimmungs-Standard leben? An Formulierungen wie: "Ich muss ja ..." oder "Ich sollte mal ...". Gern fangen sie ihre Sätze auch an mit Wendungen wie: "Ich darf ja nicht ..." und "Ich würde gern ...".

Selbstbestimmung heißt vor allem, sich zu sich entscheiden: Möchte ich der Hammer oder der Nagel sein? Möchte ich mit Energie mein Leben gestalten oder will ich es von anderen gestalten lassen?

Als junge Frau habe ich vor der Frage zurückgescheut: Möchtest du Opfer oder Täter sein? Opfer wollte ich eigentlich nicht mehr sein, aber Täter natürlich auch nicht. Erlösend war ein Satz, den mir ein alter Freund gesagt hat: "Es geht nicht um Opfer oder Täter, sondern um Opfer oder Handelnde." Ja, das klang richtig - jetzt war ich dabei.

Handelnde oder Handelnder zu sein bedeutet, Lebensentscheidungen treffen, große wie auch kleine, ganz nach den eigenen Wünschen. "Ja, ich will" oder "Nein, ich will nicht". Es kann aber auch heißen: "Ich weiß noch nicht, ich brauche noch Zeit." Handeln heißt nicht, in blinden Aktionismus zu verfallen.

Auch die Entscheidung zum Slow Life oder zu Slow Work, zum Langsammachen und einfach auch mal weniger Wollen ist Handeln. In Zeiten des Karrierestrebens, immer weiter steigender Taktzahl, ständiger Erreichbarkeit und Konsumdruck kann Handeln auch mal heißen: Ich möchte weniger.

Die gute Seite an der neuen Selbstbestimmung: Der Lebensalltag verläuft immer mehr so, wie wir ihn uns wünschen. Die Kehrseite ist: Es werden uns nicht mehr alle Menschen gleich lieb haben. Selbstbestimmung ist bestimmt nichts für Warmduscher. Aber sie bringt ein köstliches Stück Freiheit.

Keine Illusionen: Freiheit bedeutet entscheiden, und das heißt auch, sie bedeutet Fehler zu machen. Deshalb gehört zur Selbstbestimmung auch Toleranz und sich selbst verzeihen können. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Sabine Asgodom ist Keynote-Speaker, Erfolgs-Coach und Dozentin für Selbst-PR

www.asgodom.de