Top im Job: Wie Berufstätige aus der Stressspirale aussteigen können, erklärt Coach Sabine Sluyter

Stress ist für jeden etwas anderes: Lärm, Kälte, ein anstrengender Vorgesetzter, Massen an E-Mails, Probleme, die im Kopf rotieren, knappe Abgabetermine. "Es hat sehr viel mit der persönlichen Bewertung zu tun, was der Einzelne als belastend empfindet", sagt Sabine Sluyter, Coach und Burn-out-Beraterin in Hamburg. Wo diese Bewertung herkommt? "Aus Erfahrungen und der generellen Einstellung zum Leben", sagt Sluyter. "Auch die Erziehung spielt eine Rolle."

Wird alles einfach "zu viel", melden sich die körperlichen Beschwerden. "Es fängt mit Schlafstörungen an, mit Konzentrationsschwierigkeiten oder Verspannungen", sagt Sluyter. Dauert eine Überlastung an, können Rückenbeschwerden, Herz-Kreislauf-Erkrankungen folgen, das Immunsystem schwächelt.

"Doch die Anforderungen von außen kann man selten beeinflussen", sagt die Personalentwicklerin. "Eigentlich geht es vor allem darum, seine Einstellung zum Stress zu verändern." Man könne lernen, in belastenden Situationen anders als bisher zu reagieren. Ein grundlegender Tipp von ihr: "Informationsfasten - das entspannt." Berufstätige sollten sich bewusst entscheiden, was sie aufnehmen wollten. "Dazu gehört zum Beispiel, abends das Diensthandy abzustellen und sich nicht 20-mal am Tag negative Nachrichten anzugucken." Sabine Sluyter rät dazu, sich abzugrenzen. "Kann man zum Beispiel Aufgaben delegieren? Kann man sich von jemandem im Team unterstützen lassen?"

Arbeitspausen machen, Entspannungs- und Atemübungen lernen und anwenden, sich gesund ernähren, genug schlafen - all das gehört zum Stressmanagement. "Die Basis ist aber, das Bewusstsein für sich selbst zu stärken", sagt die Burn-out-Trainerin. Und auch mal gnädig mit sich selbst zu sein: "Viele Menschen bewerten ihre eigene Person sehr negativ und sind sehr streng mit sich", so Sluyters Erfahrung aus ihren Coachings.

Verbissen durchzuarbeiten ist also nicht die beste Idee. "Nehmen Sie Ihre Mittagspause wahr, essen Sie in Ruhe und verbinden Sie nicht auch noch diese Zeit mit wichtigen Gesprächen." Jeder sollte sich häufiger einmal fragen, ob der Einsatz, den er betreibt, wirklich in Relation zum Ergebnis steht.

Der Dreh ist, aus alten Mustern auszubrechen. "Wenn ich bei einer neuen Aufgabe von vornherein denke, 'Ist das schwierig!', dann verstärke ich die negative Bewertung der Belastung", erklärt Sluyter. "Es geht nicht ums Schönreden, aber man kann lernen, sich in so einer Situation stattdessen zu fragen: 'Was daran kann mir nützen? Was ist dabei gut für mich?'" Sluyter ist überzeugt, dass jeder Mensch die Ressourcen dazu hat. "Aber oft kommt man an sie nicht heran, wenn man so gestresst ist." Dann fehle der klare Blick, um eine andere Entscheidung zu treffen. "Das muss man sich bewusst machen und wieder handlungsfähig werden."

Die Einstellung "Ab morgen beherzige ich das alles, aber heute muss ich erst noch schnell ..." kennt Sabine Sluyter gut. "Ich habe nur eine Gesundheit. Die sollte ich nicht aufs Spiel setzen, indem ich die Symptome ignoriere", sagt sie. Dabei denkt sie nicht ausschließlich an beruflichen Stress. "Es gibt auch Menschen, die sich Freizeitstress machen." Etwa mit dem Anspruch, neben dem Vollzeitjob noch für einen Marathon zu trainieren. Wobei Sport an sich ein hervorragender Ausgleich sei. "Ich muss einfach ausprobieren, was mich entspannt - Sport, soziale Kontakte, kulturelle Veranstaltungen ... Alles, was mir Spaß macht, ist ein Energielieferant, der mich stressresistenter macht."