Ob Therapeut, Lehrerin oder Heilpädagoge - Anforderungen an Menschen in sozialen Jobs sind hoch. Wer dahin will, sollte Praktika machen.

Peggy Knopf ist Lehrerin aus Leidenschaft. Deutsche Grammatik und englische Vokabeln sind ihr tägliches Brot. Doch seit einiger Zeit stehen auch "Dankbarkeitstagebuch" und "Honigdusche" auf ihrem Stundenplan. "Es geht mir darum, die Kinder für ihr weiteres Leben zu stärken", sagt die 39-Jährige. Deshalb hat sie an der Lessing Stadtteilschule, Standort Sinstorf, das Wahlpflichtfach "Glück" ins Leben gerufen - einem bundesweiten Trend folgend. "Die Schüler sollen lernen, sich von Negativ-Erlebnissen nicht beirren zu lassen, sondern Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu haben."

+++Ausbildungswege für Realschüler und Gymnasiasten+++

Das sei besonders wichtig, sagt sie, da ein Teil ihrer Schüler aus einem "herausfordernden Umfeld" komme. Bis hin zur Gewaltprävention reicht deshalb ihr Ansatz. Etwa indem sie im Glücksunterricht aufzeigt, wie misslungene Kommunikation zu Problemen führen kann. "Wenn dann ein Schüler zu mir kommt und erzählt, dass heute Provokationen an ihm abprallen, die er zuvor mit den Fäusten beantwortet hätte, ist das ein sehr gutes Gefühl", sagt Peggy Knopf, die ihr Studium "Lehramt für Gymnasien" an der Hamburger Uni absolviert hat.

Wer nicht so eine genaue Vorstellung von seinem Berufsweg hat, sondern nur die vage Idee "Ich möchte beruflich irgendwas mit Kindern machen", der findet im Berufsinformationszentrum (BIZ) der Arbeitsagentur eine gute Anlaufstelle. Egal ob die Tendenz in Richtung Lehrer, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder Erzieher geht, Beraterin Wiebke Schröder rät in jedem Fall erst einmal dazu, Praxisluft zu schnuppern. Das sei in einem Praktikum möglich oder auch im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahrs. "Nichts geht über praktische Eindrücke, die das eigene Herz und den eigenen Bauch treffen", sagt sie. "Denn Kinder sind nicht nur niedlich. Sie sind oft auch laut und anstrengend." Stressresistenz, Kommunikationsfähigkeit und Empathie seien deshalb wichtige soziale Kompetenzen für jeden, der mit Kindern arbeiten will.

Umso mehr, wenn es um Kinder mit Behinderungen geht, wie beim Beruf des Heilerziehungspflegers. Die dreijährige Berufsausbildung, die in Hamburg etwa von der Fachschule für Heilerziehung angeboten wird, ähnelt in weiten Teilen der zum Erzieher, beinhaltet jedoch zusätzliche Aspekte wie Behindertenpädagogik und Anleitung zur Gestaltung und Strukturierung der Lebenswelt von Behinderten. "Die Begleitung und Unterstützung behinderter Menschen steht im Mittelpunkt, ob es nun Kinder, Erwachsene oder Senioren sind", erläutert der Leiter der Fachschule, Thomas Hülse.

Ein guter Teil der Absolventen entscheide sich nach der Ausbildung aber für eine Tätigkeit in einer integrativen Kindertagesstätte. Was seiner Ansicht nach gute Voraussetzungen dafür sind? Hülse nennt Lust und Mut zum Umgang mit Menschen, Flexibilität und Teamfähigkeit. Weniger willkommen ist ihm "ein karitatives Helfersyndrom" - also jemand, der den besonders starken Wunsch hat, Benachteiligte zu unterstützen. Hülse: "Da besteht immer die Gefahr der Überfürsorglichkeit."

Psychiater Tobias Wiencke arbeitet in der Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Hamburg. Zum Team gehören außer Medizinern auch Ergotherapeuten, Sozialarbeiter und Kunsttherapeuten. "Ich habe schon immer gern mit Kindern gearbeitet. Sie sagen, was sie denken, und das ermöglicht einen sehr direkten Umgang", sagt Wiencke. "Die Psychotherapie wiederum ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz in der Betreuung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen." Eine gute Kombination, findet der Kinderarzt, und eine Aufgabe, die von ihm enorme Flexibilität verlangt: Zu ihm kommen Eltern mit nur wenige Monate alten Schreikindern ebenso wie mit Kindern, die an der Hyperaktivitätsstörung ADHS leiden, oder Jugendliche, die Bulimie haben oder selbstmordgefährdet sind.

Manchmal könne er schon mit einem ersten Gespräch eine therapeutische Wirkung erzielen, sagt Wiencke. "Einfach weil etwas in Bewegung geraten und damit ein heilender Schritt getan ist." In anderen Fällen muss er tief in die Krankengeschichte der Kinder und Jugendlichen einsteigen, viel fragen, gut zuhören, auch unzugängliche Patienten zum Erzählen bringen. Wiencke arbeitet auch mit Intelligenz- und anderen Tests, die ihm Aufschluss über das psychische Befinden der jungen Menschen geben sollen. "Der Druck hat zugenommen, nicht nur der schulische", sagt der Therapeut. "Auch die Anforderungen und Rollen in unserer Gesellschaft sind unklarer geworden." Einerseits biete das Kindern und Jugendlichen Entfaltungsmöglichkeiten. "Andererseits stellt sie das vor die Notwendigkeit, ihren Weg zu finden - und das kann überfordernd wirken."

Diese Entwicklung erhöht wiederum auch die Anforderung an alle, die einen Beruf mit Kindern anstreben. Deshalb plädiert Lehrerin Peggy Knopf dafür, sich vor der Berufsentscheidung noch eine Auszeit zu nehmen. "Mein Rat: reisen und neue Erfahrungen machen. Denn nur wer sich selbst kennt und gelernt hat, mit neuen Herausforderungen umzugehen, entwickelt eine starke Persönlichkeit - und das ist wichtig in unserem Berufsumfeld."