Marina Schäffer ist Erzieherin. Dazu gehört immer auch ein bisschen Berufung - die Arbeit mit Kindern ist anstrengend, aber erfüllend.

Viele Berufstätige bekommen von den Kollegen nur ein muffeliges "Morgen" zur Begrüßung zu hören. Für Marina Schäffer beginnt der Arbeitstag anders: Kommt sie durch die Tür, wird sie erst einmal überschwänglich empfangen. Einige Kinder berichten von aufregenden Erlebnissen des Vortags, andere wollen stolz ihre Bauklotzburg zeigen.

Schäffer arbeitet als Erzieherin im Kinderladen Mozartstraße. Zu viert, darunter zwei männliche Kollegen, betreuen die Erzieher der Elterninitiative in Barmbek-Süd 22 Kinder zwischen drei und sechs Jahren. "Langweilig wird es nie", sagt die 34-Jährige und lacht. Schon allein, weil sie ihren Hobbys auch im Job nachgehen kann - von Singen und Theater spielen über Basteln und Malen bis Sport und sich in der Natur zu bewegen - und natürlich wegen des Umgangs mit den Kindern. "Jedes Kind ist eine eigene Persönlichkeit, fantasievoll, offen und oft sehr direkt", sagt Schäffer. Die Vielfalt der Charaktere mache ihre Arbeit so spannend.

Dass dies ihr Traumberuf sein würde, wusste Schäffer schon früh. Für die Ausbildung zur Erzieherin ging sie deshalb vorzeitig vom Gymnasium ab. Damals brauchte es die zweijährige Lehre vor der Erzieherausbildung noch nicht. Vor elf Jahren bewarb sich die Hamburgerin dann im Kinderladen Mozartstraße. "Schon im Bewerbungsgespräch wusste ich, dass ich genau hier bleiben möchte", sagt Schäffer.

Der Morgen im Kinderladen beginnt mit einem Frühstück, später steht der Morgenkreis an, in dem die Kinder ihre Erlebnisse erzählen. Dann geht es jeden Tag raus auf den Spielplatz. Nach dem Mittag wird vorgelesen, gebastelt, gesungen und gespielt. "Wir haben hier ein offenes Konzept, das sich weitgehend an der Situation und den Ideen der Kinder orientiert", sagt Schäffer.

Ihre Aufgabe sei es, den Blick für die Möglichkeiten zu öffnen, etwa dafür, was sich mit den Bastelmaterialien anstellen lässt. Sie unterstützt auch die Spiele der Kinder: Kämpfen vielleicht gerade kleine Piraten um einen Schatz, zaubert sie aus einer Papierbahn schnell ein Segel. Bei Tränen oder Streit ist Schäffer als Trösterin und Konfliktmanagerin gefragt. "Das funktioniert nicht ohne Nähe und Vertrauen", sagt sie. Eine warme Atmosphäre schaffen, auf die Kinder zugehen, sich mit ihnen freuen und sie beschützen, wenn sie Angst haben - all das gehöre dazu.

Auch mit Aggressionen und Konflikten müsse sie umgehen können. Und vor allem: die Nerven nie verlieren. Nicht immer einfach, wenn etwa Marie eine Geschichte hören, Nina aber sofort Lotti Karotti spielen möchte, gleichzeitig eine Stimme aus der Toilette lautstark "Fertig, jemand soll kommen" schreit und das Toben auf der Matte just in dem Moment in Boxen und Treten übergeht. "Man muss jederzeit 100-prozentig da sein", sagt Schäffer.

Auch feste Termine stehen auf Schäffers Programm: Jeden Donnerstag geht es zum Beispiel in die Turnhalle, Mittwoch ist Ausflugstag. Für die Vierjährigen findet einmal die Woche Musizieren und die Forscher-Gruppe statt, in der sie Themen wie Dschungel oder Weltraum spielerisch ergründen.

Bei Schäffers jüngstem Projekt ging es um Indianer. Dafür trug sie gemeinsam mit den Kindern Wissen zusammen und erzählte Geschichten zur Lebensweise der Indianer. "Kinder lernen am besten über das eigene Erfahren", sagt Schäffer. Deshalb hat sie mit ihnen auch Medizinsäckchen genäht, Mais-Chips gebacken und aus Holz einen Tomahawk gesägt. Der Englischunterricht für die älteren Kinder liegt seit neun Jahren ebenfalls in ihrer Hand. "Die Stunden basieren zwar auf einem festen Konzept, das variiere ich aber je nach Gruppe und Tagesform der Kinder."

Nicht nur gegenüber ihren Schützlingen muss die Erzieherin Fingerspitzengefühl und Durchsetzungsvermögen zeigen. Auch gegenüber den Eltern. Diese sind im Kinderladen durch Ämter und Dienste eingebunden. Da sich die Eltern stark einbringen, müsse man sein pädagogisches Konzept zu behaupten wissen. "Dabei ist es durchaus hilfreich, sich gut auf unterschiedliche Menschen einstellen zu können", sagt Marina Schäffer.

Neben der Arbeit mit den Kindern nimmt auch die Organisation Raum ein. So müssen Ausflüge genauso vorbereitet werden wie die jährliche Kinderreise, bei der alle gemeinsam für vier Tage auf einen Pferdehof oder ans Meer fahren. Zudem ist Schäffer fürs Bestellen des Essens zuständig.

Alle zwei Monate findet ein Elternabend statt, den in Rotation einer der Erzieher moderiert. Und auch die regelmäßigen Elterngespräche und schriftlichen Beurteilungen der Kinder gehören zum Erzieher-Job. "Um unseren Qualitätsstandard zu halten, dokumentieren wir die Arbeit mit den Kindern", sagt Schäffer. Selbst für Profis wie sie sei es dann im Rückblick jedes Mal wieder beeindruckend, wie sich die Kinder in den drei Jahren, die sie bei ihr im Kinderladen verbringen, entwickelt haben.