Zahlenreihen lernen hat nichts mit Begabung zu tun, sondern nur mit Technik. Trainer Gregor Staub erklärt, wie es geht.

Hamburg. Die neun Vornamen des Verteidigungsministers zu Guttenberg. Die letzten zehn amerikanischen Präsidenten. Eine 14-stellige Zahl: Alles lernbar innerhalb von zehn Minuten. Wirklich? "Das ist kaum vorstellbar, aber es funktioniert", verspricht Gregor Staub und lacht. Der Schweizer ist Gedächtnistrainer, sprüht vor Energie und Selbstbewusstsein. Entspannt lehnt er sich in seinem Stuhl zurück, nippt an einem Wasserglas. Die Gelassenheit ist sein Geheimnis. "Eins ist wichtig: Man darf sich nicht darüber ärgern, wenn man etwas vergisst. Man muss motiviert bleiben, lernen wollen."

Der 55 Jahre alte Betriebsökonom hatte sich mit 32 Jahren eigentlich schon mit seinem schlechten Gedächtnis abgefunden. "Ich habe es akzeptiert, bis ich irgendwann auf dem Flughafen mein Auto gesucht habe - stundenlang. Und dann fiel es mir ein. Ich war mit der Bahn gekommen." Der zündende Moment. Staub machte sich auf die Suche nach einer Methode, sein Gedächtnis zu trainieren. "Dass ich mir nichts merken konnte, war eine gute Voraussetzung dafür, mir über das Thema Gedächtnistraining Gedanken zu machen. Jemand mit gutem Gedächtnis wäre ja nie auf die Idee gekommen, so etwas zu entwickeln."

Nach einiger Zeit stieß Gregor Staub auf die sogenannte Mnemo-Technik, die bereits im antiken Griechenland benutzt wurde. Grundlegend stützt sich diese Methode auf das Verknüpfen von Wissen mit bestimmten Bildern, mit denen sich Namen, Fakten, Zahlen - im Prinzip jegliche Formen des Wissens - leichter einprägen. "Natürlich braucht man dazu eine Menge Fantasie", gibt Staub zu. "Aber die hat jeder. Und besonders wenn man weiß, dass es funktioniert, hat man den Mut dazu, diese manchmal doch etwas seltsamen Sätze und Geschichten zu konstruieren."

Mit der Loci-Methode (von lateinisch locus für Ort/Platz) ist es zum Beispiel möglich, sich Begriffe mit der Verknüpfung von Orten oder Gegenständen zu merken. Wird diese Abfolge dann im Geiste abgegangen, tauchen auch die assoziierten Begriffe im Gedächtnis wieder auf. Im alten Griechenland machte man einen Spaziergang durch die Stadt und orientierte sich an Tempeln.

Auf eine ähnlich kreative Art und Weise wird auch das Lernen von Zahlenreihen zum Kinderspiel. Jeder Ziffer wird ein Bild zugeordnet, aus deren Reihenfolge dann eine kurze Geschichte entsteht. Denn, sich die Geschichte von Zwergen (7), die in einer Achterbahn (8) sitzen und dabei einen Würfel (6) in einer Hand (5) halten, während sie an einem Baum (1) vorbeifahren, vor dem ein Auto steht (4, wegen der Reifen), auf dessen Rücksitz ein Ei (0) liegt, ist leichter zu merken, als die schlichte Zahlenreihe "7865140". Klingt aufwendig, ist es aber nicht - denn irgendwann ist nur noch die Zahl, nicht mehr die Geschichte im Kopf präsent.

"Natürlich weiß ich nicht mehr, mit welchen Gegenständen ich in meinem Wohnzimmer die afrikanischen Staaten mit ihren Hauptstädten verknüpft habe", sagt Staub. "Aber sie sind in meinem Kopf gespeichert." Wichtig sei, das Wissen regelmäßig zu repetieren, bis es verankert sei.

Gerade für den Schulunterricht hält Staub die Mnemo-Technik für sehr geeignet. Denn die Fantasie von Kindern kennt keine Grenzen. Erwachsene hätten wesentlich mehr Probleme beim Erlernen der Methode, sagt Staub. Zu Beginn zweifelten sie immer, ob die Herausforderung, sich in so kurzer Zeit so viel zu merken, überhaupt zu meistern sei.