In der Berufsschule stehen für Hatice Kirli auch Mathe und Chemie auf dem Stundenplan.

Hamburg. "Ich liebe es, Menschen zu verändern, sie mit einem neuen Look glücklich zu machen", sagt Hatice Kirli, während sie eine braune Haarsträne ihrer Kundin konzentriert auf einen Lockenwickler dreht. "Mit Farben zu experimentieren und aus den Menschen das Beste herausholen - das ist es, was mir Spaß macht." Während die 21-jährige Türkin von ihrer Ausbildung zur Friseurin erzählt, wird eines deutlich: Sie hat ihren Traumberuf gefunden. Bis dahin war es ein langer Weg. Diverse Praktika hat Hatice absolviert, bei einem Zahnarzt, im Krankenhaus, im Einzelhandel. "Ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass ich mich in den anderen Berufen verstellen müsste. Hier im Salon kann ich mich geben, wie ich wirklich bin."

Friseure müssen Menschen in Schönheitsfragen beraten, sie ihrem Typ entsprechend frisieren, Fingerspitzengefühl haben. "Ein Friseur darf keine Berührungsängste haben und muss auf einen Menschen zugehen können", betont Björn Hauto, Friseurmeister und Inhaber des Salons "Der Haarlekin" in Dulsberg. Seit 1986 bildet der 49-Jährige aus. "Herr Hauto hat mich ins kalte Wasser gestoßen. Ich habe nach zwei Wochen zum ersten Mal Haare schneiden müssen", erzählt Hatice. "So richtig getraut habe ich mich damals noch nicht, aber im Laufe der Zeit wird man glücklicherweise immer sicherer und traut sich mehr zu." Zuschauen, dann selber ausprobieren: Das visuelle Lernen, wie Björn Hauto es nennt, sei bei der Friseurausbildung ein wichtiges Element.

"Natürlich sind zuerst Unsicherheiten da, wenn die Azubis zwar wissen, wie es aussehen soll, aber die Technik noch nicht sitzt", erklärt der Friseurmeister schmunzelnd. "Wie halte ich die Schere, die Haare - und dann müssen auch die Finger noch irgendwo hin. Das ist alles gleichzeitig gar nicht so einfach." Für angehende Friseure dreht sich aber nicht alles um Ästhetik. Auch Naturwissenschaften stehen in der Berufsschule auf dem Stundenplan. "Wenn man Haarfarben in einem bestimmten Verhältnis zusammenmischen muss, dann braucht man schon ein wenig Mathematik", erklärt Hatice Kirli. "Und damit man versteht, wie das mit dem Färben funktioniert sind auch Grundlagen aus der Chemie wichtig." Die jungen Friseure lernen auch die Anatomie des Kopfes kennen. "Wenn ich zu Hatice sage, sie muss die Frisur am Schläfenbein noch ausbessern, dann darf sie den Schnitt nicht im Nacken korrigieren", sagt Meister Hauto. "Es gibt sehr viel zu lernen, was man hinter dem Beruf Friseur einfach gar nicht vermutet."

Die Berufsschule ist der 21-Jährigen nicht immer leichtgefallen. Darum hat sie gemeinsam mit ihrem Ausbilder auch nach dem Unterricht noch Theorie gelernt und Fachbegriffe gebüffelt. Manchmal hat Björn Hauto ihr sogar Hausarbeiten aufgegeben. "Er ist in dieser Hinsicht streng, aber es hat sich ausgezahlt", sagt Hatice heute. "Und eins weiß ich ganz genau: Wenn man etwas ganz stark möchte, dann schafft man es." Von einer Vier minus in der Hauptschule konnte sich Hatice bis zu einer glatten Zwei sowohl in Praxis als auch in der Theorie hocharbeiten.

Diese Erfolgserlebnisse motivieren die Auszubildende. Nach der Gesellenprüfung möchte sie sich weiter qualifizieren. "Ich habe den großen Traum, irgendwann mal meinen eigenen Friseursalon zu eröffnen und dort auch als Visagistin zu arbeiten", erzählt sie begeistert. "Vielleicht mache ich sogar meinen Meister!" Ausbilder Hauto motiviert sie zu dieser Entscheidung: "Ein Friseur muss sich sein Leben lang weiterbilden und immer auf dem neusten Stand sein."

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