Nicht nur Basteln ist gefragt, auch Aerodynamik und Dienst am Kunden werden Azubis vermittelt.

Hamburg. Es riecht nach Gummi. Und nach Fahrradschmiere. Umringt von Reifen, Rahmen, Pedalen und Plastikschläuchen sitzt André Wilken auf einem Hocker und schaut konzentriert auf die Fahrradnabe, die er in der Hand hält. "Der Kunde möchte das Rad behalten, aber eine andere Schaltung muss eingebaut werden. Deshalb muss ich es jetzt neu aufspeichen", erklärt der 26-Jährige. "Das ist zwar ziemlich aufwendig, aber gehört ja einfach zu meinem Job dazu." Und den mache er schließlich sehr gerne, betont Wilken.

Der Hamburger macht eine Ausbildung zum Zweiradmechaniker, Schwerpunkt Fahrrad, zweites Lehrjahr. Die Alternative wäre die Spezialisierung auf das Motorrad gewesen. "Früher waren beide Bereiche in einer Ausbildung integriert", erklärt sein Ausbilder Klaus-Dieter Lieb. Er ist der Inhaber vom Zweiradshop Lieb an der Osdorfer Landstraße, derzeit mit drei Azubis. "Aber heutzutage steckt hinter beidem, ob es nun das Fahrrad oder das Motorrad ist, so viel Technik - da ist es auf jeden Fall sinnvoll, diese beiden Bereiche zu trennen."

Die Entscheidung fürs Fahrrad ist André Wilken jedoch nicht schwergefallen. "Es war und ist einfach mein Ding", sagt er - und man merkt, dass er es ernst meint. "Für mich gab es eigentlich gar keine Alternative. Ich habe mich von klein auf für Fahrräder interessiert."

Zweiradmechaniker bauen nicht nur Fahrräder, sondern sind auch für die Reparaturen zuständig. Sie warten und pflegen sämtliche Bauteile und Komponenten der Räder. Zum Teil sind sie auch im Verkauf tätig und beraten Kunden, wenn es um die neuste Technik der Zweiräder geht.

Die Ausbildung zum Zweiradmechaniker dauert dreieinhalb Jahre. In Hamburg gehen die Azubis zum Blockunterricht zur Berufsschule an der Burgstraße. "Wir lernen dort sowohl allgemeine, als auch fachspezifische Themen kennen", erklärt André. "Materialkunde und Aerodynamik gehört genauso dazu, wie Service und Technik, aber auch Englisch und Wirtschaft." Der praktische Teil der Lehre müsse jedoch im Vordergrund stehen, meint Ausbilder Lieb. "Natürlich muss man ein Händchen für handwerkliche Tätigkeiten haben, aber eigentlich hat die Zweiradmechanik ganz viel mit ,Learning by Doing' zu tun", erklärt der 53-jährige Meister. Seit 28 Jahren bildet er aus. Er engagiert sich auch bei Mare e.V., einem Verein, der jungen Leuten den Weg in eine Ausbildung ebnet. Auch André Wilken hat er über diesen Weg kennengelernt.

"Wir setzen ein Praktikum voraus, wenn wir einen Ausbildungsplatz vergeben", sagt Lieb. "Nur so kann man herausfinden, ob es wirklich das ist, was man den Rest seines Lebens machen möchte." So gebe er auch mehr auf das Kennenlernen eines Bewerbers als auf den Blick auf die Schulnoten. "Wichtig ist, dass man sich im Team wohlfühlt und seine Arbeit gerne macht", sagt Lieb. Zudem sind Kenntnisse im Werken und Technik für die Montage von Fahrrädern und für die Metallbearbeitung nötig. Auch Physik, speziell Elektrotechnik, spielt eine Rolle.

Dass die Ausbildung zum Zweiradmechaniker eine gute Perspektive bietet - dessen ist sich Klaus-Dieter Lieb sicher. "Das Fahrradfahren wird immer beliebter und zu viele Leute pflegen ihr Fahrrad nicht", sagt er. "Davon leben wir, denn unser Hauptgeschäft liegt in der Reparatur." Zudem stiegen immer mehr Leute aufgrund der hohen Benzinpreise auf den Drahtesel um.

Für André Wilken hat es großen Reiz, ein komplett neues Rad für einen Kunden zusammenzubauen. Aber er mag auch die Herausforderung, ein Gefährt zu restaurieren. "Wenn man aus einem 15 Jahre alten, verrosteten Rad wieder etwas herausholt, dann bringt das schon Spaß", sagt der Azubi. "Aber so einen neuartigen Carbon-Renner für den Kunden aufzumotzen, das ist natürlich immer ein toller Job."

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