Sie finden die Risiken und Nebenwirkungen heraus. Wer sich im Alltag der Klinik langweilt, findet als Grundlagenforscher ein spannendes Tätigkeitsfeld.

Keine weißen Mäuse, keine Ratten, keine Versuchskaninchen: das Institut für Experimentelle Pharmakologie am Hamburger UKE gibt sich völlig unblutig. Auch wenn der vollständige Institutsname schon erschlagend wirkt: "Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie" rattert der Anrufbeantworter herunter. "Aber die Toxikologie spielt hier kaum noch eine Rolle und die Klinische Pharmakologie bekommt demnächst ihr eigenes Institut", sagt Professor Thomas Eschenhagen. Dann gebe es zwei Direktoren, zwei Institute und mehr Platz für kollegiale Führung: "70 Leute zu leiten, ist zu viel. Es ist besser die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen." Die 70 Mitarbeiter am Institut haben im Wesentlichen drei Aufgaben: erstens zu forschen, zweitens zu lehren und drittens zu hinterfragen. "Wir verstehen uns auch als kritische Instanz zwischen Pharmaindustrie und Patient", sagt Direktor Eschenhagen. Seine Pharmakologen beurteilen Arzneimittel und arbeiten mit am Arzneiverordnungsreport, dem Nachschlagewerk für den deutschen Pharmamarkt.

Die Forschung ist das Kernstück der pharmakologischen Arbeit: Lange bevor ein Medikament auf den Markt kommt, wird untersucht, wie ein Enzym oder Rezeptor im Körper wirkt und an welcher Stelle es möglicherweise krank macht. Die Forscher sprechen von so genannten Arzneimitteltargets. Nur eins von 5000 dieser Targets landet eines Tages tatsächlich in der Klinik, betont Karsten Schrör, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie. Aber es ist nicht dieses Unverhältnis, das dem Professor am Universitätsklinikum Düsseldorf zu schaffen macht: Die erste Phase der Arzneimittelentwicklung sei immer schon Grundlagenforschung gewesen. Sorgen macht Schrör vor allem der Nachwuchs: Es gäbe nicht genug Mediziner, die sich für die Forschung begeistern. Die Gründe sind monetärer Art: "Die Bezahlung ist viel schlechter als in Kliniken." Nämlich nur halb so hoch, wie Professor Eschenberger nachweisen kann.

Einer, der dennoch der Klinik den Rücken kehrte und gerade im Institut für experimentelle Pharmakologie in Hamburg angefangen hat, ist Florian Weinberger. Dem Kardiologen war der Klinikalltag auf Dauer schlichtweg zu eintönig: "Ich habe da für mich keine Perspektive gesehen." Der 29-Jährige will keine Routine entwickeln, sondern immer wieder aufs Neue komplexen Fragestellungen auf den Grund gehen, Thesen verwerfen oder umformulieren, im Team arbeiten, Gutachten schreiben und Forschungsergebnisse publizieren. In fünf Jahren hofft er dann, die Prüfung zum Facharzt für Pharmakologie zu bestehen.

Vorher muss der Mediziner aber noch so manche tierische Stammzelle unter dem Mikroskop untersuchen: Die experimentelle Pharmakologie arbeitet mit Zellkulturen, die aus Tierkörpern stammen.

Nach der experimentellen Pharmakologie testen dann in der nächsten Stufe die "Kliniker" das Arzneimittel am Menschen: "An Freiwilligen", betont Professor Eschenhagen, der sich als Student auch früher in solchen Versuchsgruppen das Auslandssemester finanziert hat.

Für den Professor gibt es immer wieder Erfolgserlebnisse, die ihn in seiner Berufswahl bestärken: "Wenn ein Versuch besonders gut geklappt hat oder etwas Unerwartetes passiert und wir denken, es erklären zu können." Eine unvergessliche Erinnerung für den Herzspezialisten gehört einem Sonntag im September 1994 in St. Louis, USA: "Als ich zum ersten Mal künstliches Herzgewebe hergestellt und es im Mikroskop habe schlagen sehen."