Twitter, Facebook, Xing - Arbeitgeber nutzen zunehmend die sogenannten Social-Media-Dienste. Damit wollen sie sich als Marke positionieren, aber auch Mitarbeiter finden.

"Willst du mit mir gehen? Suche Teamleiter-Kollegen für Otto.de." - Was eingangs klingt wie eine Teenager-SMS, ist eine Stellenanzeige des Otto-Konzerns im Kurznachrichtendienst Twitter. Die Personalabteilung des Handelsunternehmens hat das Web 2.0 für sich entdeckt. Seit vergangenem Jahr sind die Personaler in sogenannten Social-Media-Diensten aktiv. Sie twittern Jobangebote, laden Imagefilme auf YouTube hoch oder gehen bei Facebook Freundschaften mit am Unternehmen interessierten Nutzern ein - auch wenn diese "MrBoombaboom" oder "Schlecht Kind" heißen. Konsumgüterhersteller Unilever twittert ebenfalls seit 2009 täglich Neuigkeiten rund um eine Karriere im Konzern. "Wir müssen dahin gehen, wo sich unsere Zielgruppe aufhält", sagt Talentmanagerin Nikolina Kopping. Bisher experimentiert Unilever nur mit Twitter und von Praktikanten geführten Blogs. Bald soll eine Facebook-Seite folgen.

Unternehmensberater Thorsten zur Jacobsmühlen hat hier einen Trend ausgemacht. Er befragte 548 deutsche Unternehmen zum Einsatz von Social-Media-Diensten im Personalmarketing. Das Ergebnis: 66 Prozent nutzen oder planen den Einsatz, und 65 Prozent konnten über solche Dienste bereits Mitarbeiter rekrutieren. "Durch soziale Netzwerke können sie ungeahnte Reichweiten erzielen und Aufmerksamkeit für ihr Unternehmen erzeugen, und das wird im Kampf um junge Talente immer wichtiger", erklärt Professor Christoph Beck. Wie ein Virus verbreiten sich hier Informationen, vorausgesetzt man hat Kontakt zu einer Vielzahl anderer Nutzer, die die Informationen an ihre Kontakte weitergeben. "Es geht darum, das Unternehmen als Arbeitgeber interessant zu machen, Vorzüge darzustellen und eine Marke zu prägen", sagt Beck. Der 48-jährige forscht an der Fachhochschule Koblenz zur Rekrutierung von Personal im Internet sowie Bildung von Arbeitgebermarken (Employer Branding). Auch könnten Unternehmen mit Vorurteilen aufräumen oder Arbeitsbereiche herausstellen, die in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden. "Kaum jemand weiß zum Beispiel, dass Banken einen großen Bedarf an IT-Kräften haben. Nachwuchskräfte kommen deshalb gar nicht auf die Idee, sich dort zu bewerben", erklärt Christoph Beck.

Kein Wunder also, dass viele Unternehmen der Studie von Berater Jacobsmühlen nach ihre Aktivitäten in diesem Bereich ausbauen wollen. Bei Otto etwa finden die Jobangebote nun direkt den Weg aufs Handy potenzieller Bewerber. Dabei ist der Erfolg noch gar nicht messbar: "Dafür sind diese Kanäle zu jung", sagt Personaldirektor Michael Picard. Nicolina Kopping von Unilever: "Bislang ist es eher so, dass die Bewerber über andere Employer-Branding-Aktivitäten auf Unilever als Arbeitgeber aufmerksam werden und dann Dienste wie Twitter nutzen, um sich über das Unternehmen zu informieren."

Auch wenn derzeit fast nur Großunternehmen in den Social-Media-Diensten aktiv sind, sind solche Maßnahmen auch für kleine und mittelständische Betriebe interessant. "Diese Unternehmen müssen sich in diesen Medien förmlich engagieren, um Reichweiten zu erzielen und ihren Bekanntheitsgrad zu steigern", sagt Professor Beck. Er sieht noch großen Nachholbedarf. Doch wer nun anfängt, lediglich seine Stellenanzeigen zu twittern, wird kaum erfolgreich sein. "Es bedarf einer komplexen Strategie, sich als attraktiver Arbeitgeber im Web 2.0 zu positionieren", sagt Jacobsmühlen. Zudem ist das Personalmarketing hier sehr zeitaufwendig. Intensive Dialoge mit der Zielgruppe und schnelle Reaktionen auf Fragen, Kritik und Anregungen sind nötig. "Entsprechend muss Personal beschäftigt werden", sagt er.

Professor Beck ergänzt: "Die Ansprache darf nicht zu platt sein, Inhalte müssen authentisch vermittelt werden. Es müssen auch Mitarbeiter oder Auszubildende zu Wort kommen und nicht nur die Personalabteilung." Bei Unilever berichten zum Beispiel Praktikanten und Berufseinsteiger unzensiert in Blogs. So erzählt Anne, dass jeder Trainee einen sogenannten Buddy zur Seite gestellt bekommt, der den Einstieg erleichtert. Und Praktikant Kai erzählt, dass das Kantinenessen spitze sei, und für Praktikanten sogar günstiger als die Uni-Mensa. Informationen, die ankommen. Bei Twitter folgen mehr als 900 Leute dem Unternehmen.

Welche Kanäle sich für die Unternehmenspräsentation eignen, hängt von der Zielgruppe ab. "Will ich Auszubildende gewinnen, ist es sinnvoll Twitter zu nutzen. Young Professionals erreiche ich eher über Netzwerke wie Xing oder Facebook", sagt Beck. Letztlich müsse man aber auch einfach die einzelnen Kanäle ausprobieren und schauen, wo man die Zielgruppe am besten erreiche.

Trotz der Social-Media-Aktivitäten der Unternehmen reicht es jedoch nicht, sich bei Facebook mit dem gewünschten Arbeitgeber anzufreunden und auf einen Anruf der Personalabteilung zu warten. "So weit sind wir noch nicht", sagt Beck. Gezielt gesucht werden in Social-Media-Diensten lediglich Spezialisten, etwa Kernkraftingenieure. Nach einem BWLer würde dagegen niemand Tausende Facebook-Seiten durchstöbern.