Ein kaputtes Knie beendete seine Laufbahn bei St. Pauli. Jetzt berät er andere Sportler in Sachen Karriere.

Abendblatt:

Herr Albrecht, Sie waren Profi bei St. Pauli, mussten 2006 wegen einer Knieverletzung Ihre Karriere beenden - hatten Sie damals Alternativen?

Philip Albrecht:

Ja. Zu der Zeit habe ich schon neben dem Fußball an der Fernuni Hagen BWL studiert und war gerade mit dem Vordiplom fertig. Und als ich dann meine Profilaufbahn beenden musste, hatte ich damit schon den Grundstein gelegt. Es war ja klar, dass ich auch beim normalen Karriereverlauf nicht als Fußballer alt werden würde. Ich hatte mich sogar schon vor meiner Profikarriere an der Hamburger Uni für BWL eingeschrieben, dann aber wieder exmatrikuliert, weil das Studium an einer Präsenz-Uni nicht mit dem Profifußball zu vereinbaren war.

Abendblatt:

Wie bereiten sich andere Sportler aufs Karriereende vor? Ist ihnen bewusst, dass sie vorsorgen müssen?

Albrecht:

Das ist ganz unterschiedlich. Natürlich gibt es immer einige, die das auf die lange Bank schieben. Dabei macht es Sinn, früh mit solchen Überlegungen anzufangen. Fußballer ist man bis 30 oder 32. Dann geht's meist schon dem Ende entgegen. Außerdem kann immer auch eine Verletzung ein ganz akutes Karriereende bedeuten. Das sieht man ja an meinem Beispiel. Darum sollte man sich sehr früh zu überlegen, was für Möglichkeiten man hat und die entsprechenden Wege einschlagen.

Abendblatt:

Braucht man viel Disziplin, um neben dem Sport noch zu studieren?

Albrecht:

Das ist schon ein Kraftaufwand. Denn natürlich darf der Sport - also der Beruf - nicht darunter leiden. Er steht immer an erster Stelle. Aber: Nebenbei zu studieren ist der sportlichen Leistung gar nicht abträglich, wie man vielleicht zunächst denken mag. Im Gegenteil: Den Kopf auch mal auf andere Sachen zu lenken, ist sogar eher dienlich.

Abendblatt:

Und hilft der Leistungssport auch beim Lernen?

Albrecht:

Sicher. Berufssportler haben Ehrgeiz und Disziplin. Wenn man das auf das Fernlernen transferiert - was eben auch eine starke Motivation erfordert -, dann profitieren beide Seiten.

Abendblatt:

Wie lange arbeitet eigentlich ein Fußballer?

Albrecht:

Bei mir waren es meistens zwei Trainingseinheiten pro Tag von je etwa zwei Stunden. Danach gehört noch Pflege, Massage, Regeneration dazu. Vom Zeitaufwand her unterscheidet sich das nicht groß von einem Arbeitstag im Büro - vielleicht braucht man als Sportler sogar noch ein bisschen weniger Zeit. Allerdings kommen ja - je höher man spielt - noch andere Aufgaben, etwa Medientermine hinzu. Andererseits: Wenn man dann am Wochenende ein Spiel hatte, ist montags meist Auslaufen, dann hat man nur einmal Training und insofern auch wieder mehr Zeit. Eigentlich ist das die ideale Situation, um sich nebenbei weiterzubilden!

Abendblatt:

Es gibt ja sogar junge Leute, die ihre Schule abbrechen, wenn sie die Möglichkeit haben, Profisportler zu werden. Was halten Sie davon?

Albrecht:

Das muss jeder selbst entscheiden. Aber ich persönlich halte es für gefährlich, alles auf eine Karte zu setzen. Der Traum kann schneller zu Ende sein, als einem lieb ist. Deshalb würde ich jedem raten, dass er eine solide schulische Ausbildung bekommt.

Abendblatt:

Nicht jeder hat ja die Möglichkeit zu studieren. Sind auch andere Ausbildungen neben dem Sport möglich?

Albrecht:

Ja sicher. An Ferninstituten kann man ja noch viel mehr belegen als Studiengänge, zum Beispiel den Hauptschulabschluss nachholen oder jede andere Art von Schulabschluss. Man kann Sprachlehrgänge absolvieren oder kaufmännische Ausbildungen. Und darüber hinaus gibt es Institute, an denen man auch ohne Abi so eine Art Studiengang belegen kann.

Abendblatt:

Wofür interessieren sich Berufssportler denn Ihrer Erfahrung nach? Wollen die gern in ihrem Bereich bleiben?

Albrecht:

Sportmanagement ist sehr beliebt. Andere wollen in den Eventbereich. Das ist ganz unterschiedlich.

Abendblatt:

Wie groß ist die Unterstützung der Funktionäre, wenn ein Leistungssportler sich für Weiterbildung interessiert?

Albrecht:

Wie intensiv die pädagogische Betreuung da ist, kann ich nicht pauschal beurteilen. Aber eigentlich müssten die Vereine daran interessiert sein, dass ihre Sportler nicht ihre gesamte Freizeit vor der Playstation verbringen. In meinem ersten Jahr als Profi - ich hatte an der Uni Hamburg abgebrochen und war noch nicht bei der Fernuni angemeldet - habe ich mich auch nur auf Fußball konzentriert. Da habe ich gemerkt, dass sich die eigene Wahrnehmung einschränkt. Mir persönlich hat da einfach was gefehlt. Und meine Leistung hat eher darunter gelitten.

Abendblatt:

Was haben Ex-Profisportler Arbeitgebern zu bieten?

Albrecht:

Als Profi muss man sehr diszipliniert sein. Noch einmal mehr, wenn man eine Weiterbildung belegt hat. Darüber hinaus ist auch der Gruppenaspekt sehr wichtig - die Teamerfahrung, die gerade Mannschaftssportler machen. Aber auch Einzelsportler spielen teilweise ja in einer Mannschaft, etwa die Tennisspieler in der Bundesliga. Man lernt also von klein auf, sich in einer Gruppe zu behaupten und sich an Regeln zu halten. Solche Kompetenzen sind es - Disziplin, Teamfähigkeit, Loyalität -, die Berufssportler für spätere Arbeitgeber interessant machen.