Die Öko-Branche wächst. Und damit die Berufsaussichten für Akademiker und Fachkräfte, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands.

Abendblatt: Herr Klusmann, Öko boomt derzeit in der Energiebranche. Welche Bereiche zählen zu den erneuerbaren Energien?

Björn Klusmann: Die erneuerbare Energiebranche umfasst alles, was mit Wind- und Wasserkraft zu tun hat, mit Bioenergie, Solarenergie und Geothermie, also der Erdwärme.

Abendblatt: Die Zahl der Stellenangebote im Bereich der erneuerbaren Energien ist 2009 gegenüber den Vorjahren in allen Bereichen gestiegen. Ist die Branche auch in Zeiten der Wirtschaftskrise ein Wachstumsmotor?

Klusmann: Richtig. Die erneuerbare Energiebranche wächst nach wie vor sehr schnell. Nach unserer Ausbauprognose werden wir bis 2020 etwa 28 Prozent der deutschen Energieversorgung abdecken können. Im Moment sind es knapp unter zehn. Damit erwarten wir in den nächsten zehn Jahren fast eine Verdreifachung des Beitrags der erneuerbaren Energien.

Abendblatt: Bedeutet das auch eine Verdreifachung der Jobs?

Klusmann: Fast. Laut einer Studie des Bundesumweltministeriums sind derzeit 280 000 Menschen in der Branche beschäftigt, inklusive aller Zulieferer, Handwerker und so weiter. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Wert bis zum Jahr 2020 noch einmal knapp verdoppeln wird, auf eine halbe Million Beschäftigte.

Abendblatt: Was macht die Branche für junge Leute attraktiv?

Klusmann: In Abgrenzung zu der traditionellen Energiewirtschaft, zum Beispiel Kohle- und Kernkraftwerken, sind die Anlagenhersteller unserer Energiewirtschaft in der Regel keine anonymen Großkonzerne, sondern Unternehmen, in denen man den Umbauprozess in der Energieversorgung tatsächlich hautnah mitbekommt und direkt mitgestalten kann. Das ist, glaube ich, ein sehr attraktives Angebot.

Abendblatt: Derzeit können sich Studenten zwischen 251 Studiengängen entscheiden, in denen sie sich auf alternative Energien spezialisieren können. Muss man ein Studium im energiewissenschaftlichen Bereich absolvieren, oder hat man auch mit anderen Abschlüssen Chancen?

Klusmann: Im technischen Bereich haben vor allem Maschinenbauer, Elektrotechniker und Ingenieure eine gute Chance, die Interesse an den erneuerbaren Energien mitbringen. Aber auch Biologen und Agrarexperten können einen guten Einstieg in die Branche finden, wenn es um den Bereich der Bioenergie geht. Viele übersehen, dass wir nicht nur Wind und Solar haben, sondern eben auch Bioenergie, Wasserkraft und den Bereich der Geothermie, in dem zum Beispiel Geologen gefragt sind.

Abendblatt: Schafft man es auch ohne Studium in die Branche?

Klusmann: Natürlich, wir sind ja eine Schlüsselbranche am Standort Deutschland, da sind nicht alle Beschäftigten Ingenieure, die am Reißbrett sitzen und Windräder entwickeln. Wir beschäftigen eine ganze Bandbreite von Berufen, vom Ingenieur über den Betriebswirt bis hin zu Bürokaufleuten und Technikern, aber eben auch Lager- und Logistikmitarbeiter. Die Branche wächst schließlich insgesamt.

Abendblatt: Gibt es auch Ausbildungen, die direkt auf Berufe in der Energiebranche vorbereiten?

Klusmann: Es gibt sicherlich nicht die hoch spezialisierten Ausbildungsberufe, bei denen das Thema "Erneuerbare Energien" gleich im Titel vorkommt. Aber es gibt ganz verschiedene Berufe, die die Möglichkeit bieten, sich zu spezialisieren und Schwerpunkte zu bilden, vom Maschinenbautechniker bis hin zum Kaufmann.

Abendblatt: Das heißt, es gibt auch die Möglichkeit, sich nach einer abgeschlossenen Ausbildung noch zu spezialisieren?

Klusmann: Auf jeden Fall. Eine solide Grundausbildung bietet immer die Möglichkeit, in den Betrieben noch weiterzukommen. Daneben gibt es auch vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten außerhalb der Unternehmen.

Abendblatt: Was sollten Bewerber außer einer guten Ausbildung noch mitbringen?

Klusmann: Sprachkompetenz und Teamfähigkeit sind von großer Bedeutung. Sprachkenntnisse sind insofern wichtig, da wir eine Branche sind, die zunehmend auch auf Exportmärkten aktiv ist. Immer mehr Länder steigen auf erneuerbare Energien um. Wer sich mit China, Indien, USA gut auskennt und entsprechende Sprachkenntnisse mitbringt, der hat gute Chancen bei Unternehmen, die sich in Richtung dieser Märkte orientieren.

Abendblatt: Wie stehen denn die Chancen, wenn man sich direkt im Ausland bewirbt?

Klusmann: Es spricht nichts dagegen, sich bei Unternehmen direkt im Ausland zu bewerben. Andererseits haben gerade die deutschen Hersteller in dieser Branche weltweit einen sehr guten Ruf und auch in vielen Bereichen objektiv eine Technologiekompetenz, die ganz weit vorne ist. Insofern ist es sicherlich ein guter Rat, sich bei den etablierten deutschen Unternehmen in den Bereichen Solar, Wind und Biogas zu bewerben, um dann von dort aus den Weg in einen attraktiven Zielmarkt zu finden.

Abendblatt: Wo finden Interessenten Informationen zu Studium, Ausbildung und Beruf in der erneuerbaren Energiebranche?

Klusmann: Ich empfehle die Internetseite www.erneuerbare-karriere.de - da gibt es Links zu ganz unterschiedlichen Jobportalen in diesem Bereich sowie Zusammenstellungen von Ausbildungsberufen, Studien- und Weiterbildungsmöglichkeiten.