2008 hatten deutsche Hochseekreuzfahrer fast eine Million Gäste. Viele Reedereien suchen Mitarbeiter.

Der Kontakt zu den Passagieren ist es, der den Hamburger Thomas Schneider an der Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff fasziniert. Ulrike Breitzke aus Rostock gefällt vor allem, dass der Umgangston nicht so rau ist, wie auf Handelsschiffen. Und dass Frauen dort nicht wie sonst in der Männerdomäne Schifffahrt in der Minderzahl sind. Die beiden Nautiker gehen in den nächsten Wochen an Bord der AIDA-Flotte. Auf welcher Route sie zum Einsatz kommen und wie lang ihre erste Tour werden wird - das wissen die beiden heute noch nicht.

AIDA-Cruises ist in Deutschland Marktführer unter den Kreuzfahrtanbietern. Zurzeit befahren sechs Schiffe dieser Marke die Weltmeere. Bis 2012 sollen drei weitere vom Stapel laufen, jedes Jahr eines. Alle werden von der Meyer Werft in Papenburg gebaut. AIDA investiert dabei zwei Milliarden Euro.

Wächst die Flotte, wächst auch der Personalbedarf: "Von derzeit 4400 Mitarbeitern wollen wir uns bis 2012 auf 6000 vergrößern", kündigt Wiebke Laudahn an. Der Anteil an Neulingen, der in der Verwaltung zum Einsatz kommen wird, ist gering. Fast alle der 1600 Neuen - vorrangig Nautiker, Techniker, Köche, Barkeeper - werden zur See fahren.

Zur Personalauswahl setzt Wiebke Laudahn seit vergangenem Jahr auf spezielle Career Days, die direkt an Bord stattfinden. Das Recruiting auf allgemeinen Karrieremessen, auch internationalen, habe ihnen nicht den gewünschten Erfolg gebracht, sagt sie. Thomas Schneider und Ulrike Breitzke waren im Mai beim jüngsten dieser Karriere-Events dabei. Sie gehörten zu 34 vorausgewählten Bewerbern, die dort noch einmal Jobinterviews zu bestehen hatten. "Zwei Drittel der Kandidaten erhielten gleich an Bord die Zusage für einen Job", sagt die Personalmanagerin. Generell liegt die Erfolgsquote auf den Career Days zwischen 70 und 90 Prozent.

Trotz Wirtschaftskrise sucht die Branche der Kreuzfahrer Verstärkung. Ob bei TUI Cruises, der Reederei Deilmann, oder Hapag Lloyd Kreuzfahrten - auf allen unternehmenseigenen Jobseiten sind offene Stellen zu finden. Von 2007 auf 2008 stiegen die Passagierzahlen laut Deutschem Reiseverband auf deutschen Hochseekreuzfahrern von 763 000 auf 997 000. Auf Tour mit einem Flusskreuzfahrtschiff (zum Beispiel auf der Donau) gingen im vergangenen Jahr 384 000 Gäste. 2007 waren es noch 50 000 weniger. Wie sich die Wirtschaftskrise auf die Passagierzahlen auswirkt, bleibt derzeit abzuwarten. Die Veranstalter jedenfalls steuern mit vergünstigten Tarifen einem Wegbleiben von Gästen entgegen.

Unterm Strich geht es der Branche derzeit aber besser als der Handelsschifffahrt, die gerade einen Einbruch erlebt, der Expertenprognosen zufolge bis 2011 andauern soll. In diesem Jahr könnten mehr als zehn Prozent der weltweit bestellten Schiffe storniert werden, meldet die Deutsche Schiffsbank in Bremen.

"Das Potenzial der Kreuzfahrtbranche wird dagegen nicht verloren gehen", sagt Frank Fleischmann von der Arbeitsagentur Suhl in Thüringen, der einzigen Niederlassung in Deutschland, die sich auf Gastronomie- und Hotellerie-Jobs für die Kreuzfahrt spezialisiert hat. So ist gästefreundliches, des Englischen mächtiges und seetaugliches Personal weiter gefragt: "Vor allem im Gastro-Bereich haben wir ständig Vakanzen", sagt der Arbeitsvermittler. Aber auch Offerten für technisches Personal an Bord von Kreuzfahrern, etwa für Communication Officer oder IT-Techniker, hat die Arbeitsagentur Suhl im Angebot. Wir vermitteln etwa 100 Leute im Jahr", sagt Frank Fleischmann.

Jobs für junge Kräfte und erfahrene Manager

Die guten Jobaussichten bestätigt auch Daniela Fahr, Geschäftsführerin der Personalvermittlung connect mit Sitz in Hannover und Bremerhaven, die sich auf Seepositionen jeder Art spezialisiert hat. Mit ein Grund: Es gebe gar nicht mehr genug Leute, die gern auf einem Schiff arbeiten wollen, ist ihr Eindruck.

"Zurzeit haben wir 60 freie Stellen im Gastro- und im nautischen Bereich", sagt Daniela Fahr. Der Schwerpunkt liege auf der Gastronomie: 80 Prozent der Jobs sind dort angesiedelt. Dabei sind Angebote für junge Leute kurz nach der Ausbildung bis hin zu Jobs für erfahrene Restaurantmanager. Tipp der connect-Chefin für Einsteiger, die nicht gleich auf einem der großen Kreuzfahrtschiffe landen können: auch mal einen Blick auf die Flussschifffahrt werfen. "Auch da sind Fünf-Sterne-Schiffe im Einsatz." Aber ob fünf oder weniger Sterne: Für den Anfang ist es erst mal wichtig, Berufspraxis zu sammeln: "Je mehr Erfahrung ich habe, desto bessere Schiffe kann ich mir aussuchen." Um über connect vermittelt zu werden, braucht man eine abgeschlossene Ausbildung im passenden Beruf. Der Quereinstieg ist aber auch möglich. "Nach drei Jahren im Service eines guten Hotels zum Beispiel", sagt die Geschäftsführerin.

Der Job auf dem Schiff kann zum Karrieresprungbrett werden: "Die Belastung dort ist höher als in einem Fünf-Sterne-Hotel auf dem Festland", sagt Frank Fleischmann von der Arbeitsagentur Suhl. Wer drei bis vier Saisons auf dem Kreuzfahrtschiff gearbeitet habe, werde auch von Arbeitgebern an Land sehr geschätzt - für seine Stressresistenz und die Kundenfreundlichkeit.