Der Unternehmensberater Martin Brübach hat gut 2000 Studenten befragt: Sie legen Wert auf soziale Verantwortung und Jobsicherheit.

Abendblatt: Herr Brübach, Sie haben 2098 Studenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gefragt, was ihnen an einem Arbeitgeber wichtig ist. Was wünschen sich die meisten?

Martin Brübach: Die Anforderungen, die heutige Nachwuchsführungskräfte an ihre Arbeitgeber stellen, unterscheiden sich von denen früherer Generationen. Sie wünschen sich vor allem Flexibilität in Arbeitszeit und Arbeitsort. Von älteren Arbeitnehmern werden Themen wie gutes Gehalt und Weiterbildungsmöglichkeiten wesentlich häufiger als Kriterium für einen guten Arbeitgeber genannt. Natürlich sind diese Merkmale auch für die sogenannte Generation y - die nach 1980 Geborenen - wichtig, aber Flexibilität steht bei ihnen eindeutig ganz oben. Fast alle haben gesagt, sie würden - statt ein besonders hohes Gehalt zu beziehen - lieber mehr Zeit für private Dinge haben. Die Work-Life-Balance ist ihnen sehr wichtig.

Abendblatt: Wie stellen die Nachwuchskräfte sich Flexibilität denn genau vor?

Brübach: Sie wollen vor allem ganz flexible Arbeitszeiten. Dazu gehört auch die Möglichkeit zum "Working from Home" und "Homing from Work". Abends noch von zu Hause zu arbeiten ist für sie normal, ebenso wie eine private Erledigung auch vom Büro aus zu machen. Die Grenzen zwischen Arbeiten und Freizeit verschwimmen für die Nachwuchskräfte ganz stark. Sie wissen aber auch, dass es eine Gefahr darstellt, immer abrufbereit zu sein. Doch sie sind selbstbewusster darin, das Handy auch mal auszuschalten. Manager mit 35 oder 40 können das oft nicht so gut.

Abendblatt: Welche Anforderungen stellen die Befragten an ihre Arbeitsumgebung?

Brübach: Von fast allen wurde gesagt, dass sie trotz aller Flexibilität einen festen persönlichen Arbeitsplatz haben möchten - der aber nicht in einem geschlossenen Bereich liegen soll, sondern in einer offenen Situation. Sie wollen interagieren und kreativ mit anderen zusammenarbeiten. Allen war generell wichtig, dass die Umgebung aufmerksam und mit Wertschätzung für die Angestellten geplant sein sollte - in welchem Stil ist natürlich Geschmackssache.

Abendblatt: Man sagt ja, dass jüngere Arbeitnehmer wesentlich wechselbereiter seien als ältere. Haben Sie das auch feststellen können?

Brübach: In der Öffentlichkeit werden dieser Generation gern bestimmte Eigenschaften zugeschrieben - wie zum Beispiel, dass sie sich an nichts binden will. Aber dafür haben wir keine Belege gefunden. Keiner unserer Teilnehmer legte es darauf an, eine Vielzahl von Arbeitgebern abzuklappern. Übereinstimmung war viel mehr: Wenn der Arbeitgeber passt, dann kann man sich auch vorstellen, dort lange zu bleiben.

Abendblatt: Wie wichtig sind Unternehmenskultur und soziale Verantwortung des Arbeitgebers für Nachwuchskräfte?

Brübach: Das sind Argumente, die gegenüber vorhergegangenen Generationen deutlich an Relevanz gewonnen haben. Jungen Menschen ist es heute wichtig, dass ihr Arbeitgeber sich sozial engagiert und nachhaltig wirtschaftet. Das ist ein Grund, um stolz auf seinen Arbeitgeber zu sein. Und das möchten die Nachwuchskräfte. Ob das Unternehmen soziale Verantwortung übernimmt, ist auf jeden Fall ein Grund, sich dafür oder dagegen zu entscheiden.

Abendblatt: Wie selbstbewusst tritt der Nachwuchs bei der Jobsuche auf?

Brübach: Die Vorstellungen der Nachwuchskräfte von einem guten Arbeitgeber sind eher Wünsche als Forderungen. Das hat uns erstaunt, denn es wird ja eigentlich immer von einer sehr selbstbewussten Generation geredet, die da nachrückt. Aber das konnten wir so nicht erkennen. Die Studierenden orientieren sich stark daran, was von ihnen erwartet wird. Aber das hat wohl auch damit zu tun, dass das Thema "War for Talent" noch nicht bei ihnen angekommen ist. Vielleicht haben sie mal davon gehört, aber sie begreifen sich selbst nicht als "Human Capital", das nun so wichtig für ein Unternehmen sein soll.

Abendblatt: Welche Folgerungen können Arbeitgeber aus Ihren Ergebnissen ziehen?

Brübach: Sie können sich eine Warnung zu Herzen nehmen. Denn ein Ergebnis aus der Personalerbefragung hat uns besonders überrascht, wenn nicht sogar schockiert. Viele Unternehmen, gerade die kleinen und mittelständischen, haben sich mit den Anforderungen der jungen Generation an einen Arbeitsplatz noch gar nicht auseinandergesetzt. Sie stellen inzwischen zwar fest, dass sie weniger Bewerbungen bekommen, aber sie haben sich noch keine Gedanken gemacht, wie sie angesichts des Fachkräftemangels zukünftig damit umgehen müssen. Und so spiegelt sich das Image der Unternehmen in seinen Immobilien überhaupt nicht wider. Damit vergibt man eine große Chance. Denn die Nachwuchskräfte kennen die Werbebotschaft eines Unternehmens, sein Image, haben auf einer Recruiting-Messe eine tolle Präsentation gesehen - und dann kommen sie an den Unternehmensstandort und da findet sich davon nichts wieder. So verliert man die Leute auch ganz schnell wieder.

Interview: Andrea Pawlik