Verbands-Chefin Vivi Dimitriadou erklärt, worauf Menschen achten müssen, die einen Begleiter in Job-Fragen suchen

"Coach" darf sich jeder nennen. Das Angebot an beruflichen Begleitern ist unüberschaubar. Wie finden Interessierte trotzdem einen guten Coach? Das erklärt Vivi Dimitriadou, Vorstandsvorsitzende im deutschen Verband für Coaching und Training (dvct).

Hamburger Abendblatt:

Was würden Sie jemandem raten, der einen Coach sucht?

Vivi Dimitriadou:

Ich würde erst einmal schauen, ob ich Empfehlungen aus meinem Umfeld bekommen kann. Außerdem kann ein Blick auf die Internetseiten von Coaching-Verbänden helfen. Die hier gelisteten Mitglieder erfüllen die Verbandskriterien für Coachs. Beim dvct zum Beispiel gibt es eine Coach-Datenbank. Darin kann man anhand verschiedener Auswahlkriterien wie Region, Thema oder auch Zielgruppe einen passenden Coach suchen.

Was qualifiziert einen Coach?

Dimitriadou:

Neben der fundierten Coach-Ausbildung ist das vor allem die Berufs- und Coachingerfahrung, über die er verfügt. Nicht jeder Coach ist für jede Fragestellung geeignet. Also ist die Frage ob man den "richtigen" Coach hat, auch stark davon abhängig, ob das Anliegen des Klienten mit dem Schwerpunkt des Coachs zusammenpasst. Außerdem haben Coaches die Möglichkeit, sich zertifizieren zu lassen - auch das bietet dem Klienten Orientierung. Hier ist es wichtig, die Anforderungen der Zertifizierung und die Prüfungskriterien zu hinterfragen.

Sie erwarten eine "fundierte Ausbildung" - wann ist sie für Sie denn fundiert?

Dimitriadou:

Eine fundierte Ausbildung sollte mindestens 150 Stunden umfassen und über mehrere Monate gehen, damit man zwischen den Seminareinheiten die Möglichkeit hat, das Erlernte in der Praxis anzuwenden und dann wiederum die Praxiserfahrungen im Seminar zu diskutieren. Auch hier kann eine Verbands-Mitgliedschaft des Ausbildungsinstituts Orientierung schaffen. Verbände stellen besondere Aufnahmekriterien an Ausbildungsinstitute, die den Umfang und den Inhalt der Ausbildung sowie die Qualifikation der Ausbilder berücksichtigen.

Die Vorbildung des Coaches ist egal?

Dimitriadou:

Eine akademische Ausbildung spielt nicht die entscheidende Rolle. Der Coach muss zum Beispiel kein Psychologe sein. Das Know-how über Beziehungs-, Struktur- und Prozessgestaltung sowie über den Einsatz von Methoden, die man für die Arbeit benötigt, wird in einer guten Coaching-Ausbildung vermittelt.

Jetzt hat man einige gute Coaches gefunden, wie entscheidet man sich endgültig?

Dimitriadou:

Wenn ich eine engere Auswahl habe, würde ich ein Gespräch führen. Nach dem ersten telefonischen Kontakt dann am besten Face to Face, um detaillierter über das Coaching-Thema sowie die Rahmenbedingungen zu sprechen und um auch den persönlichen Eindruck einfließen zu lassen. Der Coach soll nicht mein bester Freund werden, aber es sollte sich eine gute, tragfähige, vertrauensvolle Beziehung zu ihm entwickeln können.

Was kostet Coaching?

Dimitriadou:

Im Durchschnitt sind es 150 Euro pro Stunde. Wobei die Stundensätze im privaten und beruflichen Umfeld deutlich auseinander liegen. Das Vorgespräch sollte kostenlos sein, da es zur Auftragsklärung gehört.

Wie erkennt man unseriöse Anbieter?

Dimitriadou:

Problematisch ist, dass mittlerweile unter "Coaching" alles Mögliche angeboten wird, weil die Bezeichnung nicht geschützt ist. Achten Sie darum darauf, ob es sich um Coaching oder um Beratung handelt. Ein Berater gibt Ratschläge, ein Coach unterstützt den Klienten bei der Entwicklung neuer Perspektiven und Handlungsoptionen. Weiter würde ich danach fragen, mit welchen Methoden der Coach arbeitet und wie er den Prozess strukturiert. Ein professioneller Coach sollte hierzu eine fundierte Auskunft geben können.

Was kann der Klient erwarten?

Dimitriadou:

Coaching ist kein Wundermittel! Coaching ändert nicht das Umfeld, sondern die Veränderung setzt beim Klienten selbst ein. Sein verändertes Verhalten kann jedoch auf sein Umfeld wirken. Es hilft dem Klienten, neue Perspektiven zu entwickeln und Klarheit in Entscheidungen zu erzielen. Weiterhin macht es die Wechselwirkungen eines Ziels transparent: zum Beispiel, ob sich das Karriereziel mit den Vorstellungen vom Privatleben vereinbaren lässt. Voraussetzung für erfolgreiches Coaching ist außer der Prozessverantwortung des Coaches auch die Eigenverantwortung des Klienten. Er muss bei der Bearbeitung seiner Frage aktiv mitwirken und die Erkenntnisse aus dem Coaching auch umsetzen.