Das neue Vergabesystem für Numerus-clausus-Fächer liegt auf Eis. Studentenwerk rät zu Mehrfachbewerbungen

Schlechte Nachricht: Der Start des bundesweiten dialogbasierten Bewerbungssystems für zulassungsbeschränkte Studiengänge müsse weiter auf unbestimmte Zeit verschoben werden, teilte die zuständige Stiftung für Hochschulzulassung mit. Die Nachfolgeorganisation der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen, kurz ZVS, betreut die Webseite hochschulstart.de. Das neue System könne nicht wie geplant für alle zum Wintersemester 2011/12 starten. "Qualität geht vor Schnelligkeit", hieß es zur Begründung.

Das Onlineportal soll die Vergabe von zulassungsbeschränkten Studiengängen bundesweit abwickeln. Fast alle Unis haben Zulassungsbeschränkungen auf begehrte Studienfächer - ob auf Kommunikationswissenschaft, Psychologie oder Englisch auf Lehramt.

Bislang ist nur eine Bewerbung in einem der vier ehemaligen ZVS-Fächer Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin und Pharmazie über hochschulstart.de möglich. Bewerber geben dort fünf Studienorte ihrer Wahl an und warten auf einen Bescheid. Eine direkte Bewerbung bei den Hochschulen ist deshalb in diesen Fächern nicht mehr nötig.

Ziel war, die Vergabe von Studienplätzen für Interessenten aller Fachrichtungen transparenter und berechenbarer zu machen. "Die Schwierigkeit liegt darin, dass viele Studienangebote sehr ausdifferenziert sind", sagt Bernhard Scheer, Sprecher von hochschulstart.de. Ob das System für alle Fächer, die Unis intern mit einem Numerus clausus belegen, zum Sommersemester 2012 starten kann, ist noch nicht raus. "Wir rechnen eher mit einer schrittweisen Einführung, können dazu aber noch nichts sagen."

Bei dem dialogbasierten Verfahren sollten Bewerber ihre Wunschhochschulen in einer Rangliste ordnen können. In mehreren Stufen wären dann Bewerberwünsche und Zulassungsangebote abgeglichen worden. Bewerbungen sollten aus dem System verschwinden, sobald sich ein Studieninteressent für eine Universität entschieden hätte.

Jetzt bleibt Studierwilligen nichts anderes übrig, als möglichst viele Direktbewerbungen an Hochschulen zu schicken. Das Deutsche Studentenwerk rät zu Mehrfachbewerbungen. Sich nur an wenigen Unis zu bewerben, sei nicht ratsam. "Das geht an der Realität vorbei. Hinterher steht der Bewerber ohne Studienplatz da", sagt Achim Meyer auf der Heyde, der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks.

Bewerber sollten sich darauf einstellen, ihre Studienplanung kurz vor Semesterstart noch einmal umwerfen und an eine andere Hochschule gehen zu müssen. "Sie verpassen dadurch zu Beginn des Semesters den wichtigsten Stoff." Auch die Studienfinanzierung sei häufig nicht gesichert, sagt Meyer auf der Heyde. Der BAföG-Antrag kann erst bei einer Zulassung gestellt werden, weil die BAföG-Ämter jeweils an die Studentenwerke der Hochschulen angegliedert sind. "Diese Probleme lassen sich erst mal nicht vermeiden."

Fürs kommende Wintersemester befürchten Experten daher ein erneutes Einschreibe-Chaos bei Numerus-clausus-Fächern. Doppelte Abiturjahrgänge in Niedersachsen und Bayern und die Aussetzung der Wehrpflicht dürften einen Run auf die Unis zur Folge haben. Weil Interessenten sich mehrfach bewerben, können die Unis viele Plätze erst im Nachrückverfahren vergeben, teilweise überhaupt nicht. So sind zum Wintersemester 2010/11 rund 17 000 Studienplätze nicht besetzt worden, wie aus einer Erhebung der Kultusministerkonferenz hervorgeht. Betroffen sind vor allem die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, aber auch Sprachen, Mathematik, Ingenieur- und Naturwissenschaften.

+++ Video: Studienplatzklage +++