Die Leserfrage: Ich arbeite in Vollzeit bei einer Getränkemarktkette. Ab nächstem Monat soll ich wochenweise auch mal in Märkten in anderen Stadtteilen aushelfen. Sonst komme ich immer mit dem Rad zur Arbeit, dann müsste ich Bahn fahren. Das kostet mehr, und ich bin auch länger unterwegs. Muss ich mir das gefallen lassen?

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Der Ort, an dem ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag. Darin kann festgelegt sein, ob der Arbeitnehmer in einem bestimmten Betrieb oder in allen Niederlassungen des Arbeitgebers arbeiten muss. Enthält der Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Festlegung des Arbeitsortes, darf der Arbeitgeber bestimmen, wo der Arbeitnehmer zu arbeiten hat. Dabei müssen Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden.

Wie weit der Arbeitgeber bei seiner Weisung gehen darf, hängt von der Art der Arbeitsleistung ab. So darf ein Bauarbeiter auf verschiedenen Baustellen eingesetzt werden. Wer bei einer Einzelhandelskette arbeitet, muss damit rechnen, von einer Filiale in die andere versetzt zu werden. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer aber nicht an einen Arbeitsort schicken, der von seinem Wohnort aus kaum noch oder nicht mehr erreichbar ist. Wenn allerdings der neue Arbeitsort bloß in einem anderen Stadtteil liegt, aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch bequem erreicht werden kann, ist diese Weisung rechtlich nicht zu beanstanden. In Ihrem Fall dürfte der Arbeitgeber also im Recht sein. Wer hingegen Zweifel hat, ob eine bestimmte Weisung des Arbeitgebers noch zumutbar ist oder nicht, sollte sich anwaltlich beraten lassen. Zwar braucht der Arbeitnehmer eine unberechtigte Weisung nicht zu befolgen. Er riskiert aber eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung, wenn später das Arbeitsgericht die Weisung für berechtigt hält.

Unser Autor Dr. Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und für gewerblichen Rechtsschutz in Hamburg. Im Internet: www.rae-gleim.de