Die Leserfrage: Ich arbeite in einer 20-köpfigen Firma und bin seit mehreren Wochen krank geschrieben. Ich habe Angst, dass mein Chef mir kündigt. Darf er das in dieser Situation?

Das sagt Arbeitsrechtler Christian Wieneke-Spohler: Zunächst ist klarzustellen, dass der Arbeitgeber auch während der Erkrankung kündigen darf. Er darf sogar wegen der Arbeitsunfähigkeit kündigen. Da Sie aber in einer Firma mit mehr als zehn Mitarbeitern arbeiten, unterliegen Sie dem Kündigungsschutzgesetz, und der Arbeitgeber ist nur zur Kündigung berechtigt, wenn diese sozial gerechtfertigt ist. Das Arbeitsgericht überprüft das, wenn der Arbeitnehmer Klage einreicht.

Die krankheitsbedingte Kündigung ist dann berechtigt, wenn entweder über einen Zeitraum von mehreren Jahren häufige Kurzerkrankungen vorliegen, die jeweils zu Entgeltfortzahlungskosten für mehr als 42 Tage pro Jahr geführt haben. Anhand der bisherigen Krankheitsdiagnosen ist zu beurteilen, ob auch in Zukunft mit Ausfallzeiten des Arbeitnehmers zu rechnen ist.

Ansonsten darf der Arbeitgeber bei lang anhaltender Erkrankung kündigen, wenn entweder feststeht, dass in den nächsten zwei Jahren nicht mit einer Genesung zu rechnen ist oder aber die Arbeitsunfähigkeit schon mindestens 18 Monate andauert und nicht feststeht, wann der Mitarbeiter wieder arbeiten kann.

Des Weiteren hat der Arbeitgeber bei einer Erkrankung von länger als sechs Wochen ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, um die Ursachen der Erkrankungen und Verbesserungen bei der Beschäftigung abzuklären. Sie müssen deshalb nicht davon ausgehen, aufgrund der aktuellen Erkrankung Ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

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Unser Autor Christian Wieneke-Spohler ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Im Internet unter www.martens-vogler.de