Hamburg. Sein eigener Chef sein, Freiheiten genießen und gut verdienen: Das reizt immer mehr Menschen mit einem Faible für den Vertrieb im Außendienst. Die meisten von ihnen sind als selbstständige Handelsvertreter unterwegs. Das hat den Vorteil, unter der Flagge eines etablierten Unternehmens wie etwa Avon, Deutsche Telekom, Tupperware, Vorwerk oder Yello Strom segeln zu können.

Uwe Helm arbeitet seit dreieinhalb Jahren als selbstständiger Energieberater für den Energieversorger Lichtblick. "Das Dasein als Handelsvertreter im Außendienst hat viel für sich. Man benötigt keine eigene Geschäftsidee und kann, sofern man motiviert ist und klare Ziele vor Augen hat, viel verdienen", sagt der 47 Jahre alte Kaufmann. Er betreut bestehende Kunden und steckt viel Energie in die Gewinnung neuer Kunden. "Es läuft viel über Empfehlungen. Gute Produkte sprechen sich glücklicherweise schnell herum. Aber man muss auch überzeugen können und immer 100 Prozent bringen", sagt Helm. Zu Beginn seiner Tätigkeit bei Lichtblick hat er eine intensive Schulung erhalten. Zu den Annehmlichkeiten gehören jetzt ein Firmenwagen sowie ein Firmen-Arbeitsplatz.

Außendienstler sind derzeit vor allem in der Finanzdienstleistungs- und Versicherungsbranche gesucht. Auch im Bereich des Vertriebs von Textilien, Fertighäusern, Möbeln oder Lebensmitteln sind sie gefragt. Die vielen selbstständigen Frauen im Außendienst widmen sich vorzugsweise dem Vertrieb von Haushaltswaren, Kosmetika, Lebensmitteln oder Dessous. Für die meisten von ihnen ist der Job ideal, zum Beispiel, wenn sie nur Teilzeit und möglichst flexibel arbeiten möchten oder sich nach der Familienzeit eine neue berufliche Existenz aufbauen wollen.

"Im Außendienst muss man großen Spaß am direkten Umgang mit Menschen haben. Wer sich scheut, auf andere zuzugehen, ist in diesem Metier falsch. Aufträge fallen niemandem mehr in den Schoß", warnt Uwe Helm. Handelsvertreter im Außendienst benötigen meistens kein oder nur ein geringes Kapital, um durchzustarten. "Das Investitionsvolumen ist im Gegensatz zu Einzelhandel oder Gastronomie überschaubar. Kosten für die Übernahme einer Vertretung fallen nur selten an. Das macht das finanzielle Risiko überschaubar", erläutert Britta Heegardt, Gründungsberaterin der Handelskammer. Aus diesem Grund würden viele Existenzgründer den Außendienst als attraktiven Weg aus der Arbeitslosigkeit sehen. Doch Britta Heegardt spricht eine Warnung aus. Sie betrifft das aktuell geltende Wettbewerbsrecht. Es untersagt unlautere Geschäftspraktiken, wozu auch die belästigende Werbung in Form der telefonischen Kalt-Akquise zählt. "Die Novelle macht es vor allem Einsteigern sehr schwer, auf einem neuen Markt Fuß zu fassen. Ohne gute Kontakte, Vertriebserfahrung und Branchenkenntnis ist man da schnell auf verlorenem Posten."

Einer, der das bestätigen kann, ist Felix Haß. Der gelernte Industriemechaniker, Energieanlagenelektroniker und Zimmermann ist seit fast 20 Jahren selbstständig. Seine erste eigene Firma, B & F Holzbau, hat er vor 18 Jahren gegründet. In dieser Zeit hat er viele Höhen und Tiefen durchlebt. "Es gehört zur Selbstständigkeit, dass Erfolg nicht von heute auf morgen kommt", sagt der 40-Jährige. Rückschläge müsse man wegstecken können, optimistisch und diszipliniert bleiben. Wichtig für eine erfolgreiche Selbstständigkeit sind für Haß Kreativität und geeignete Partner. Die hat er sich auch für sein neuestes Projekt Outland-net gesucht. Zusammen mit seiner Frau Alexandra Fiebig und dem Techniker Christian Kobus will er in den nächsten zwei Jahren bestehende Versorgungslücken in Schleswig-Holstein schließen und etwa 10 000 Haushalte beziehungsweise Gewerbetreibende über eine Breitband-Anbindung per Funk mit hochleistungsfähigem DSL versorgen.

Mit dem Service-Provider Outland-net soll das Surfen mit bis zu 16 000 Kilobit pro Sekunde endlich für alle im Norden möglich werden. Das notwendige Fachwissen hat sich Haß angeeignet: Der Besuch von Messen, Schulungen sowie eine regelmäßige Marktbeobachtung sind für ihn selbstverständlich. In den nächsten Monaten wird er viel Zeit und Mühe investieren, um Bürgermeister, Gemeindevorsteher und andere Entscheider in Schleswig-Holstein für seine Geschäftsidee zu begeistern. Den erforderlichen langen Atem bringt Haß mit. Angestellt zu sein, können er und auch Uwe Helm sich trotz ihres großen Arbeitspensums nur noch schwer vorstellen.