Der Hamburger Hafenbetrieb hat die Gehaltserhöhung für die Arbeitnehmervertreter wegen eines Formfehlers zurückgezogen.

Hamburg. "Hallo", sagt Arno Münster mit ruhiger Stimme, als er im Betriebsratsbüro im ersten Stock der HHLA-Zentrale den Telefonhörer abnimmt. Seinen Namen nennt der Betriebsratsvorsitzende des größten Hamburger Hafenbetreibers vorsichtshalber nicht. Schließlich hatte er in den vergangenen Tagen viel Ärger - und wegen des misslungenen Versuchs, eine Gehaltserhöhung zu bekommen, zahlreiche unerwünschte Anrufe von Journalisten. Wie berichtet, sollte Münsters Gehalt und das seines Stellvertreters Jörg Klauke bei der HHLA um jeweils 7000 Euro pro Jahr steigen. Doch die beiden hatten den neuen Vertrag nicht den übrigen Betriebsratsmitgliedern vorgelegt, sondern sich die Erhöhung gegenseitig abgezeichnet. Münster ist daraufhin vom Posten des Betriebsratsvorsitzenden zurückgetreten.

"Ich habe einen Formfehler gemacht. Das war ein großer Fehler, aber es ging mir nicht um Bereicherung", sagte Münster dem Abendblatt, der gleichzeitig für die SPD in der Bürgerschaft sitzt. Die HHLA hat den Vertrag inzwischen zurückgezogen und Münster betont, dass er die Sache jetzt ruhen lassen und nicht weiterhin auf die Gehaltserhöhung pochen will.

Kritiker vermuten nun, dass HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters seinen Betriebsratschef im Nachhinein mit der Gehaltserhöhung dafür belohnen wollte, dass er im Jahr 2007 mit Streiks einen vom Hamburger Senat geplanten Verkauf eines HHLA-Anteils an in- oder ausländische Investoren vereitelt hat. Tausende Mitarbeiter des bis dahin rein städtischen Betriebs schickte Münster zum Protest auf die Straße. Terminals wurden blockiert, Schiffe konnten nicht abgefertigt werden. Der Hamburger Senat knickte angesichts der Macht der HHLA-Arbeiter ein. Statt eines Verkaufs von 49 Prozent wurden nur 30 Prozent des Unternehmens an die Börse gebracht. Peters hätte, so munkeln Kritiker, beim Verkauf seinen Job verlieren können, weil ein neuer Investor auf einen Manager seines Vertrauens an der Spitze bestanden hätte.

"Ein Zusammenhang mit dem Börsengang gibt es bei dem Vertrag nicht", heißt es dagegen aus dem Umfeld der HHLA zum Abendblatt. Der Vertrag, der jetzt 7000 Euro mehr Jahreseinkommen bringen soll, wurde bereits 2006 abgeschlossen. Damals war zwar schon von einem HHLA-Verkauf die Rede, aber Münster war noch Stabs- und Abteilungsleiter für Arbeitsschutz bei dem Hafenbetrieb. Da das Einkommen leitender Angestellter nicht automatisch mit den tariflichen Lohnerhöhungen steigt, vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitsnehmer üblicherweise Zeiträume, in denen das Gehalt der Leitenden erhöht wird. Bei Münster wurde dieser Vertrag 2006 mit dem Versprechen geschlossen, dass die HHLA sein Einkommen drei Jahre später, also jetzt, um 7000 Euro anhebt.

Seine Arbeitskonditionen galten weiter, als Münster als Betriebsratschef von seinen bisherigen Aufgaben freigestellt wurde. Eine solche Regelung ist in der Wirtschaft üblich. "Ich wollte mich nicht bereichern", betont Münster nochmals. "Ich verdiene genug Geld." Das mag für ihn zutreffen, aber im Vergleich zu Gehältern anderer Betriebsräte großer Konzerne - wie das des nach Sexaffären geschassten Ex-VW-Betriebsratschefs Klaus Volkert (bis zu 360 000 Euro pro Jahr plus Sonderboni) oder des amtierenden Porsche-Betriebsratschefs Uwe Hück mit 250 000 Euro und Siemens-Betriebsratschef Ralf Heckmann mit etwa 200 000 Euro - mutet Münsters Salär bescheiden an. Er selbst will nicht sagen, was er überwiesen bekommt, aber es dürften zwischen 4000 und 6000 Euro im Monat sein. So viel bezahlt die HHLA ihren leitenden Angestellten. Hinzu kommen 25 000 Euro pro Jahr aus seiner Tätigkeit im HHLA-Aufsichtsrat und jeden Monat 2456 Euro brutto als Mitglied der Bürgerschaft.

Den HHLA-Mitarbeitern, die derzeit wegen Kurzarbeit noch weniger als sonst verdienen, dürfte das Einkommen ihres obersten Vertreters hoch erscheinen. Doch tatsächlich schrumpft das Salär schon, bevor es überhaupt ausgezahlt wurde. Von der Aufsichtsratsvergütung führt der Gewerkschafter Münster 90 Prozent an den Deutschen Gewerkschaftsbund ab, der das Geld sozialen Zwecken zuführt. Von der Vergütung für das Bürgerschaftsmandat schöpft die SPD rund 300 Euro ab.

Münster räumt in seinem Verhalten zwar einen Fehler ein, aber keine Verfehlung. Bei einer Betriebsversammlung am Donnerstag hatte er die HHLA-Mitarbeiter über die Sachlage informiert. Die Reaktion sei so gewesen, dass Münster auch nach seinem Rücktritt aus dem Betriebsrat Lust hat, weiterhin die Arbeitnehmer der HHLA zu vertreten. "Ich kandidiere bei der nächsten Betriebsratswahl wieder", sagte er dem Abendblatt. Viele HHLA-Mitarbeiter rechnen ihm auch an, dass er auf die Möglichkeit von Qualifizierungsmaßnahmen fürs Personal während der Kurzarbeit gedrängt hat.