Das Traditionshaus an der Alster braucht Milliarden zum Überleben - voraussichtlich wird am Freitag ein Antrag auf Staatsbürgschaft gestellt.

Hamburg. Es war nur eine dürre, wenig inhaltsreiche Mitteilung. "Der Aufsichtsrat hat sich mit dem von Roland Berger erarbeiteten Sanierungskonzept auseinandergesetzt und unterstützt dies nachhaltig", teilte das Kontrollgremium der angeschlagenen Reederei Hapag-Lloyd gestern mit. Über die nötige Finanzierung befänden sich die Beteiligten "in fortgeschrittenen, konstruktiven Gesprächen".

Genau wegen dieser "Gespräche" brachte Hapag-Lloyd gestern nicht, wie zunächst erwartet, den nötigen Antrag für Staatsbürgschaften auf den Weg. Hinter den Kulissen feilschen die Anteilseigner der Reederei erbittert um die finanzielle Aufteilung einer Kapitalerhöhung von insgesamt 750 Millionen Euro. Hauptkontrahenten sind dabei der TUI-Konzern, bis März Alleineigentümer und nun größter Anteilseigner von Hapag-Lloyd, sowie der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne.

Der erhöhte gestern noch einmal den Druck auf TUI. Der Touristikkonzern hatte im März die Mehrheit von Hapag-Lloyd an das Hamburger Konsortium Albert Ballin verkauft. Die größten Anteilseigner sind nun TUI mit 43 Prozent, die Stadt Hamburg mit 23 und Kühne mit 15 Prozent. Ob Kühne bei der für Hapag-Lloyd überlebenswichtigen Kapitalerhöhung mitzieht, scheint trotz seiner jüngsten Zusagen wieder ungewiss.

"Es kann sein, dass ich letztlich nicht mitmache, aber mein Wunsch ist es, kooperativ zu sein", sagte Kühne der Nachrichtenagentur Reuters. "TUI müsste auf einen Teil seiner Darlehen verzichten oder sie in nicht vollwertiges Hapag-Lloyd-Eigenkapital umwandeln", sagte Kühne. "Gut eine Milliarde an Schulden, die Hapag-Lloyd bei TUI hat, müssten von hoch verzinslichen Darlehen in bedingte Forderungen gewandelt werden."

Kapitalerhöhung und Kredite

Hapag-Lloyd will nach Informationen des Abendblatts Staatsbürgschaften für Kredite von insgesamt 1,2 Milliarden Euro beantragen. Die Kredite sollen von einer Gruppe von zehn bis zwölf Banken bereitgestellt werden, angeführt von der HSH Nordbank, der HypoVereinsbank, der staatliche KfW-Bank und der Commerzbank. Damit diese Kredite gewährt und verbürgt werden, sollen die Eigentümer nach dem Konzept des Hapag-Lloyd-Vorstands zusätzlich eine Kapitalerhöhung von 750 Millionen Euro vornehmen.

Ein Teil dieser Leistung ist bereits erbracht: Drei der Gesellschafter - TUI, die Stadt Hamburg und die Versicherung Signal Iduna - haben für 315 Millionen Euro den Anteil von Hapag-Lloyd am HHLA-Containerterminal Altenwerder übernommen. So erhielt die Reederei dringend nötige Liquidität.

Die Gesellschafter streiten nun um die noch offenen rund 440 Millionen Euro. Das Hamburger Konsortium Albert Ballin hält 57 Prozent der Hapag-Lloyd-Anteile. Zu der Investorengruppe gehören neben der Stadt Hamburg, Kühne und Signal-Iduna die HSH Nordbank, die Bank M.M. Warburg und die Versicherung HanseMerkur. Als schwierigster Faktor gilt Kühne, der bereits 360 Millionen Euro für seinen Anteil an der Reederei gezahlt hat und der gemäß diesem Anteil rund 112 Millionen Euro in die Kapitalerhöhung einbringen müsste.

Kühne wirft TUI vor, die Reederei im März nicht wie versprochen als ein solide finanziertes Unternehmen übergeben zu haben. Daher müsse TUI nun besondere finanzielle Anstrengungen erbringen.

TUI will aussteigen

Unklar ist, wie stark sich der Touristikkonzern angesichts der Wirtschaftskrise überhaupt noch bei Hapag-Lloyd engagieren kann. TUI will bei der Reederei komplett aussteigen. Das misslang im Frühjahr, weil das Hamburger Konsortium nicht genügend Kapital für eine Komplettübernahme aufbringen konnte.

Zur Sanierung bei Hapag-Lloyd sollen auch die Mitarbeiter beitragen. Der Vorstand plant für dieses Jahr 560 Millionen Euro Einsparungen. Die Maßnahmen zur Umsetzung werden noch verhandelt. Möglich wären Einschränkungen bei Gehältern und Bonuszahlungen bis hin zu Altersteilzeit.

Auch ein Stellenabbau ist nicht ausgeschlossen. "Die Belegschaft wird ihren Beitrag leisten. Das ist notwendig. Aber über die Einzelheiten wird noch verhandelt. Das kann noch einige Wochen dauern", sagte Dieter Lübkemann, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende, dem Abendblatt. "Wir wollen aber betriebsbedingte Kündigungen ausschließen." Man kämpfe dafür, dass Hapag-Lloyd langfristig bestehen bleibe und unterstütze das Sanierungskonzept.